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Monat- inne hatten und ihm dann auf 2 oder 3 Jahre
irgend auf Neiscn schicken, bis daß er seine That ver-
gessen und das Kind zu besserem Verstand und Heller
Einsicht gekommen sey. So gab er seinem Volk dm
Abschied, aber die aus der Grafschaft von Foix wollten
nicht eher aus Ortais ziehen, bis der Graf ihnen ver-
spreche, daß Gaston nicht sterben würde, also liebten sie
das Kind. Da er ihnen dieses zugcsagt, verließen diese
Leute aller Art die Stadt und blieb Gaston zu Ortais
gefangen. Diese Sache verbreitete sich an mehreren
Orten und auch nach Avignon, wo damals sich Papst
Gregor XI. aufhielt. Er schickte sogleich den Cardinal
von Amiens als Legat nach Bearn, aber dieser war
kaum nach Beffieres gekommen, als er die Nachricht er-
hielt, daß es ihm nicht Noch thue, nach Bearn zu ge-
hen, denn Gaston, der Sohn des Grafen von Foix, sey
todt. Nun will ich euch sagen, wie er gestorben ist,
weil ich nun einmal schon so viel davon geredet. Der
Graf hielt ihn in einem Gemach des Thurms von Or-
tais gefangen, wo wenig Licht hinein fiel, und war er
da zehn Tage. Wenig trank er und aß er, denn er
wollte nicht, so viel Speise und Trank man ihm auch
täglich brachte, und wenn das Fleisch kam, so schob er
es bey Seite und wollte cs nicht essen, und einige wol-
len sagen, daß man alle die Speißen, die man ihm ge-
bracht, unversehrt gefunden, und eS sey ein Wunder,
wie er so lang habe leben können aus vielerley Ursa-
chen. Der Graf ließ ihn dort ohne irgend eine Wache,
die bey ihm in der Stube gewesen wäre, und ihm gera-
then und getröstet hätte, und blieb das Kind stets in
denselben Kleidern wie er hineingekommen, und so ward
er gar traurig und tiefsinnig, denn er war das nicht ge-
wohnt. Auch verfluchte er die Stunde in der er em-
pfangen und geboren worden, um zu solchem Ende zu
kommen. Den Tag seines Todes brachten die, welche
ihn bedienten, ihm das Fleisch und sagten: Gaston se-
het hier ist Fleisch für euch. Gaston achtete nicht dar-
auf und sprach: Stellet cs hin. Da sah der Diener in
-em Gcfängniß alle das Fleisch, welches er ihm in den
vorigen Tagen gebracht, hie und da verstecket, darum
schloß er die Stube und kam vor den Grafen von Foix
und sprach: Herr, um Gottcswillen gebt acht auf euren
Sohn, denn er verhungert sich in dem Gcfängniß wo
er liegt, und glaube ich, daß er noch nicht gegessen seit
er darinnen, denn ich habe alles, was ich ihm noch ge-
bracht, bey Seite geworfen gefunden. Ueber diese Nede
erzürnte der Graf, und gieng ohne ein Wort zu sagen
aus der Stube und kam zu dem Gefängniß wo sein
Sohn lag, und hatte zum Unglück ein kleines Messer-
lein in der Hand, womit er sich seine Nägel schnitt un-

reinigt^, er ließ die Thüre des Gefängnisses öffnen und
kam zu seinem Sohn und hielt die Klinge des Messers
so nahe an der Spitze, -aß er nicht mehr als die Dicke
eines Silbergroschen davon außer den Fingern hervor-
stehen hatte. Zum Unglück, als er diese kleine Spitze
in den Hals seines SohneS stieß, verletzte er ihm ich
weiß nicht was für eine Ader, und sagte ihm: Ha Ver-
räther, warum ißt du nicht? Und hierauf begab sich der
Graf sogleich hinweg, ohne weiter etwas zu sagen und
zu thun, und kehrte in seine Stube zurück. Das Kind
war erschrocken und erschüttert durch die Ankunft seines
Vaters, auch war er gar schwach durch Fasten, und da
er die Spitze des Mefferr sah oder fühlte, die ihn so
klein sie auch war, in den Hals verwundete, aber es
war in eine Ader, so wendete er sich zur Seite und
starb, da -er Graf war kaum zu seiner Stube zurückge-
kehrt, als ihm der Diener seines Sohns die Nachricht
brachte, und ihm sagte: Mein Herr, Gaston ist tod,
— Todt, sagte der Graf? — So wahr als Gott lebt
Herr! Der Graf wollte es nicht glauben, und sendete
einen seiner Edelleute hin, der an seiner Seite war;
der Nitter kam zurück, und sagte, daß er wirklich tod
sey. Da ward nun der Graf von Foix höchlich erschüt-
tert, und bejammerte seinen Sohn gar sehr und sagte:
Ha Gaston, welch elend Geschick ist hier dir und mir,
zu böser Stunde giengst du nach Navarra, deine Mutter
zu sehn. Nie mehr werde ich solche Fröhlichkeit empfin-
den, als ich sonst wohl empfangen. Dann ließ er sei-
nen Bader kommen, und ließ sich sein Haar abschecren,
und kleidete sich in schwarz, und alle die seines Hauses,
und ward der Leichtw oeS Kindes unter Thränen und
Geschrey zu den Minoritenbrüdern zu Ortais getragen
und dort begraben. Und so wie ich euch von dem Tod
erzählt habe, so hat Gaston de Foix durch seinen Vater
den Tod erlitten, aber der König von Navarra hat ihn
ermordet. Die traurige Geschichte von dem Tode dieses
Sohnes des Grafen zu hören, zog ich mir sehr zu Her-
zen , und beklagte ich ihn gar sehr aus Liebe zu dem
trefflichen Grafen seinem Vater, den ich von so hoher
Gesinnung so edel, freygebig und höflich erfunden hatte,
und auch auö Liebe zu dem Land, das durch den Man-
gel eines Erben sehr betrübet war, und nahm ich nun
Abschied von diesem Edelmann, und dankte ihm, -aß er
mir also gefällig die Sache erzählet habe.
(Die folgenden Abschnitte künftig.)
 
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