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Der Knabe rhettr die wilden Hecken,
und nor ihm steht ein gift'ger Baum;
Dr> ^eige dürr hinaus sich strecken,
Mtt .^lcch geziert und goldnem Schaum.
Und viel gemeine Vogel kreißen,
Rings um d.s Baumes schnetdend Lauv,
Und dir von 'einen Frümten spernn,
Sie sind des goldnen Giftes Raub.
Da rührt dc, Knabe seine Laute,
Er singt ein schn . ch wrldes Lred;
Und in dem Baun zu dem er schaute.
Er einen bunten Vogel sieht.


Er sitzt betrübt, die bunten Schwingen
Senkt an der Silberbrust er hin .
Und kann nichi fliegen, kann mcht singen »
Des Baumes Gifte fesseln ihn.
Dem Knaben regt sick's tief im Herzen,
Das Vöglein zieht ih.. mächtig an.
Und fernes Liedes kirrt'sche Schmerzen
Hört gern das kranke Vöglein an.
und weil im Wind die Blätter klingen.
So kann es nicht das Lied verstehn;
Doch er hört nimmer auf zu singen,
Bleidt treu vor seiner Liebe stehn.

Und singt ihm r. r -u taniendmahlerß
Von Liebeslust und Fruhlingsluft,
Von grünen Berg' n. milden T-Halen
Unp Rühe an gckreöLer Brust.













Schon reat da- Vöglein feine Schwingen,
Schaut freundlich zu dem Knaben hin;
Des Arme um den Vaum sich schmingen,
Die Liebe machet muthig ihn.
Er klimmet in den gift'gen Zweigen
Zerreißt mit Lust die Hände sich,
Das kranke Vöglein Lu ersteigen,
Es spricht: Ach nimmer yerlu du mich.
Und sinket stille zu ihm nieder,
An seinem Herzen hält cr's warm;
Und ordnet «orglich sein Gefieder,
Urrd tragt's zur Sonne auf dem Arm.
Steigt auf die Berge, läßt es trinken
Des blauen Himmels freye Luft,
Und werß zu blicken, weiß zu winken,
KZrs er die Freude wieder ruft.
Die Freude kömmt, die bunten Schwingen,
Sre funkeln Liebesstrahlen gleich;
Das Vöglein weiß so süß zu singen,
Es singt -en armen Knaben reich.
- Kie auch Fum Flug die Flüglein streben,
So blerbt es doch dem Treuen treu;
Zn LrebeslesseLn Win es schweben,
Ln Lrebesresseln rst es frei.
^.-Und ich der ich dies Lied dir singe
Arn wohl dem treuen Knaben gleich,
Vertrau nur Vöglein, denn ich bringe
Dich noch auf einen grünen Zweig.
Clemens Brentano.

Der KönigSsohn und die Schäferin.

Erster Reihe«.

In dieser Marenwonne,
Hier auf dem grünen Plan,
Hier unter der goldncn Sonne,
Was heb' ich zu singen an?
Wohl blaue Wellen gleiten,
Wohl goldne Wolken ziehn,
Wohl schmucke Ritter reiten
Durchs Wicsenrhal dahin.
Wohl lichte Bäume wehen,
Wohl klare Blumen blühn,
Wohl Schäferinnen stehen,
Umher in Thales Grün.
Herr Goldmar ritt mir Freuden
Vor seinem stolzen Zua,
Einen rothen Mantel seiden,
Erne goldne Kron er trug.
Da sprang vom Roß geschwinde
Der schöne Königssohn,
Er band's an eine Linde,
Ließ ziehen die Schaar davon.
Er ging zu einem Bronnen
Dort in den Büschen kühl;
Die Vögel sangen mit Wonne,
Der Blümlein glänzten viel.
Ich weiß, warum sie sangen
Und glänzten also baß:
Weil auf des Bronnens Rande
Die schönste Schäferin saß.
Herr Goldmar gehr durch Hecken,
Er rauschet durch das Grün;
Die Lämmer drob erschrecken,
Zur Schäferin sie fliehn.
„Willkommen, Gott willkommen;
Du wunderschöne Maid,

Wärst du ob mir erschrocken,
Mir war' es wahrlich leid."

„Bin wahrlich nicht erschrocken,
Ms ich dir schwören mag,
Ich meint', ein loser Vogel
Sey geflogen durch den Hag."

„Ach! wolltest du mich erquicken
Ans deiner Flasche hier,
Ich würd' es ins Herz mir drücken
Als die größte Huld von dir."
„ Meine Flasche magst du haben,
Ich bor sie Manchem schon,
Will jeden daraus laben.
Und wär's ein Königssohn."
Zu schöpfen sic sich bücket, ...
Aus der Flasch' ihn trinken laßt,
Gar zärtlich er sie anblicket,
Doch hält sie die Flasche fest.
Er spricht, von Lieb' bezwungen:
Wie bist du so holder Art!
Als wärest du erst entsprungen
Mit den andern Blumen zart.
„Und bist doch mit Würd UMPfangen,
Und stralest doch Adel aus,
Als wärest hervorgegangen
Aus eines Königs Haus."

„Frag' meinen Vater, den Schäfer:
Ob er ein König was? .
Frag' meine Mutter, die Schäferin:
Ob sie auf dem Throne faß?"

Seinen Mantel legt er der Holden
Um ihren Racken klar,
Er seket die Krone golden
In ihr nußbraunes Haar.

<Der zweyte Reihen im nächsten Blatt.)

Gar stolz die Schäferin blicket,
Sie ruft nut hol-em Schall:
«Ihr Blumen und Bäume, bücket,
Ihr Lämer, neigt euch all!"
Und als den Sckmuck sie wieder
Ihm bcur mit lachendem Mund,
Da wrrft er die Krone nieder
Ju des Bronnens klaren Grund»
„Die Kron' ich dir vertraue,
Ein herzlich Liebespfand,
BiS iw dich rvieder schaue
-rach manchem blut'gcn Stand."
„Ein König liegt gebunden
Schon sechszehn lange Jahr',
Sein Larrd ist über-wunden
Pon böser Feinde Schaar.
„Ich will fein Land erretten
Mit meinen Rittern traut,
Ich Win ihm brechen die Ketten,
Daß er den Frühling schaut.
«Ich ziehe zum ersten Kriege,
Mir werden die Tage ichwül,
Sprich! labst du mich nach dem Siege
Hier auS dem Bronnen tuhl?
„Ich will dir schöpfen rmd lange»:
So viel der Bronn vermag,
Auch fol ft du dre Kron' empfangen,
So blank, wie an diesem Lag»"
Der erste Reihe ist gesungen,
So folget gleich der letzt';
Ein Vögel hat sich geschwungen,
Laß sehen, wo er sich setzt!
Ludwig Uhlarid,
 
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