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Der Orient.

langen. Zwei grofse Fliesenfelder aus der Moschee von
Kairuan in Tunis, dem 17. oder 18. Jahrh. angehörend,
(Wand 178) zeigen sowohl in der Technik der ziemlich roh
ausgeführten Scharffeuermalerei, wie in der Zeichnung des
Rankenwerkes unverkennbare Einwirkungen der europäischen
Keramik. Als letzte Ausläufer dieser nordafrikanischen Töpferei
sind die in bäuerlichem Betrieb gefertigten Fayencegeschirre
mit Scharffeuerverzierungen zu betrachten, die gegenwärtig aus
Marokko ausgeführt werden. (Raum L Gestell 495.)

Fayencen mit Lüsterverzierung.
Die Verzierung von Fayencen mit metallisch schillernden
Farben (reflet metallique) gehört in das Gebiet der Muffel-
malerei. Die färbenden Stoffe bestehen nach den Erfahrungen
des Keramikers Deck, die mit alten spanischen Recepten
übereinstimmen, aus Schwefelverbindungen von Kupfer, Silber
und Eisen, die mit Ocker gemengt werden. Auf die fertig
gebrannte, durchsichtige oder undurchsichtige Glasur aufgemalt,
haften sie nach einem mäfsigen Brande in äufserst dünner
Schichte und erscheinen nach einer Politur in reinem Metall-
glanz. Wie jede Ueberglasurmalerei ist der Lüster vergänglich
und namentlich auf den weicheren Bleiglasuren der Abnutzung
unterworfen.
Das eigenartige und wirkungsvolle Verfahren der Lüstrirung
ist durch die spanischen Fayencen allgemein bekannt und in
den Majoliken von Gubbio zur höchsten Vollendung gebracht
worden. Sein Ursprung aber ist zweifellos im Orient zu
suchen. Ueber Ort und Zeit der Entstehung ist Sicheres
noch nicht festgestellt. Man hat eine Stelle aus der »Diver-
sarum artium schedula« des deutschen Mönches Theophilus-
(10. bis 11. Jahrh.) damit in Verbindung gebracht, in welcher
er von den glasirten Thonwaren der Griechen, d. h. der
Byzantiner spricht. Aber nach dem Wortlaut handelt es sich
um eine wirkliche Vergoldung auf farbig bemalten Fayencen.
Es liegt nahe, die ursprüngliche Heimath der Fayencen mit
Metallreflex in Persien zu suchen, weil dort lüstrirte Flies,en
an den Wänden mittelalterlicher Moscheen noch in Mengen
vorhanden sind, während in den westsaracenischen Ländern,
von Spanien abgesehen, derartige Zeugnisse fehlen. In vielen
Fällen wird die Annahme, dafs die Araber ihre technischen
Kenntnisse in kunstgewerblichen Dingen von den Persern
überkommen haben, nicht fehl gehen. Hier aber ist ein
sicherer Beweis nicht zu führen. Das früheste Datum auf
persischen Fliesen nennt das Jahr 1217 christlicher Zeitrechnung.
 
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