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164

Italien.

Castelli.
Es ist sehr wahrscheinlich, dal's im Königreich Neapel
die Fayencetöpferei schon vor jener Zeit in Uebung stand,
in welcher Castelli sich zur tonangebenden Fabrik Italiens
emporhob. Dafür spricht der Umstand, dafs die Verwendung
von Fayencefliesen für Fufsböden nirgends in Italien so ver-
breitet war, wie in Neapel und den benachbarten Orten,
Salerno, Amalfi, Ravello und anderen. Vielleicht steht dieser
starke Fliesenverbrauch mit den durch das aragonische Herr-
scherhaus vermittelten engeren Beziehungen zu Spanien in
Verbindung. Allerdings gehört die Mehrzahl der zahllosen
Fliesenfufsböden in den Kirchen und Palästen Neapels und
seiner Umgebung dem 18. und dem 19. Jahrh. an, aber es
fehlt — von den Quattrocentofliesen der Carracciolikapelle
in San Giovanni a Carbonara (vgl. Abb. 33) abgesehen —
doch nicht an schönen Beispielen der Renaissance. Unter
den besten sind zu nennen die Fufsböden in zwei Kapellen
der Kirche Montoliveto zu Neapel (Capella Annibale Marini
und eine Kapelle neben der Sakristei) der erstere mit Wappen
und Bandverschlingungen, der zweite mit reichem Renaissance-
muster in kräftigen Farben bemalt. Die Möglichkeit ist frei-
lich nicht ganz ausgeschlossen, dafs es sich hierbei um ein-
geführte Ware aus dem Norden handelt, denn die ersten
sicher beglaubigten Erzeugnisse einer Töpferei in Neapel, drei
Vasen mit biblischen Bildern in Blaumalerei, fallen in die
Zeit von 1654 bis 1668. Als Meister nennt sich darauf Fran-
cesco Paolo Brandi, Napoli, Casa Nova.
In derselben Zeit tritt die Abruzzenstadt Castelli in
den Vordergrund. Sie war nach den Ergebnissen der Lokal-
forschung der künstlerische und industrielle Mittelpunkt eines
Betriebes, der über fünfunddreifsig Orte der Umgebung von
Neapel sich erstreckte. Die bisherigen Kenntnisse reichen
nicht aus, die Erzeugnisse einzelner Orte von einander zu
trennen. Man erkennt zwar nach den Motiven der Dar-
stellung und auch nach der Malweise verschiedene Gruppen
innerhalb der zahlreichen unter dem Namen von Castelli zu-
sammengefafsten Majoliken, aber wo die Marken uns im Stiche
lassen, ist die Zuweisung an bestimmte Werkstätten oder
Meister vorläufig noch unmöglich.
Den Renaissancemajoliken gegenüber wird die Castelli-
ware auf den ersten Blick gekennzeichnet durch den hellen,
blassen Gesammtton der Farben, die ohne Tiefe und Leucht-
kraft eine milde und sehr harmonische Wirkung erzielen. Die
Malerei wird im Scharffeuer auf weifsem Grund ausgeführt
 
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