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Spanien.

Im spanischen Kunstgewerbe vereinigen sich orientalische
und abendländische Art in Folge der politischen Geschicke
des Landes. Seit dem Beginn des 8. Jahrh. war die Halb-
insel in den Händen der Araber. Sie erwarb sich im
io. Jahrh. unter der Herrschaft der in Cordova residirenden
Omajaden den wohlverdienten Ruf des industriereichsten und
höchst kultivirten Landes von Europa. Das n. und 12. Jahrh.
brachten mit den neuen Dynastien der Almoraviden und
Almohaden eine Erneuerung der saracenischen Bevölkerung
durch nordafrikanische Maurenstämme, die Kunst und Kultur
der Araber übernehmen. Aber die inneren Kämpfe der
Moslemin untereinander hatten ihre Widerstandskraft nach
aufsen gebrochen. Von Osten und Norden drangen die
Christen unaufhaltsam vor, und seit der Mitte des 13. Jahrh.
war der saracenische Besitz auf das Emirat Granada in An-
dalusien beschränkt. Noch 250 Jahre hielt sich dort die
Herrschaft der Nassriden; durch das Zusammenströmen der
aus dem übrigen Spanien verjagten Araber und Mauren in
diesen letzten Zufluchtsort entstand eine glänzende Nachblüthe
saracenischer Kunst, die in der Alhambra ihr schönstes
Denkmal hinterlassen hat. Granada fiel im Jahre 1492; die
Verfolgungen der Mauren dauerten fort, bis im Jahre 1610
ihre letzten Reste vom europäischen Festlande vertrieben
wurden.
Der Uebergang von muslimischer zu christlicher Kultur
spiegelt sich auch in der spanischen Keramik wieder. Ihre
Geschichte zerfällt in zwei Perioden: In der älteren herrscht
ausschliefslich orientalische Art in der Technik und im Orna-
ment. Sie umfafst das Mittelalter, sendet aber ihre Ausläufer
bis tief in die Neuzeit hinein.
Die zweite Periode wird gekennzeichnet durch die Auf-
nahme der Renaissanceomamentik und des Malverfahrens der
italienischen Majoliken — neben den fortlebenden saraceni-
schen Arten. Die spanische Fayence bleibt vom 16. Jahrh.
ab noch lange unter dem Einflufs dieser Vorbilder; erst in
der zweiten Blüthezeit der europäischen Fayence, im 18. Jahr-
hundert, erhebt sie sich zu hervorragenden selbständigen
Leistungen.
 
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