Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Gubbio.

127

weit in das 15. Jahrh. zurück versetzt. Diese Anschauung
wird aber durch die Gegenstände selbst nicht unterstützt.
Denn einerseits fehlen den umbrischen Geschirren alle jene
gothisirenden oder orientalisirenden Ornamentformen, die für
das Quattrocento typisch sind; ihre Palmetten, Ranken und
Blüthenzweige sind sonderbar hart und steif gezeichnet, aber
reine Renaissance. Andererseits erhält sich die unplastische,
rein decorative Malweise, die Betonung der Umrisse, die ge-
ringe Farbigkeit, kurz Alles das, was den Eindruck des Alter-
thümlichen hervorruft, ziemlich unverändert bis zur Mitte des
16. Jahrh. Alle datirten Stücke fallen in die Zeit von 1520
bis 1560; die früheste bisher bekannte Jahreszahl auf einem
sicheren Derutageschirr (der erwähnten Reliefschale in Arezzo)
ist 1521. Es liegt daher kein Grund vor, den Schwerpunkt
der Fabrikation in das 15. Jahrh. zu verlegen; man wird nicht
fehlgehen, wenn man die vier ersten Jahrzehnte des 16. Jahrh.
als die Zeit der Blüthe von Deruta betrachtet. Die Industrie
hat die Zeiten des Verfalles überdauert; im 17. Jahrh. lieferte
sie der Mode folgend einfach weifs glasirtes Geschirr wie
Faenza; aus den Jahren um 1770 ist durch bezeichnete
Stücke eine »fabbrica di maiolica fina di Gregorio Caselli in
Diruta« bekannt.

Gubbio.
Der Ruhm des kleinen im Herzogthum Urbino gelegenen
Ortes knüpft sich im Wesentlichen an den Namen eines einzel-
nen Meisters, des Giorgio Andreoli oder Maestro Giorgio
da Ugubio, wie er gewöhnlich zeichnet. Es kommt ihm das
unbestreitbare Verdienst zu, die Lüsterverzierung zur höchsten
Vollendung gebracht zu haben. Nicht nur, dafs sein Gold-
lüster den orientalischen und spanischen an strahlendem,
reinem Goldglanz weit übertrifft, er hat auch zuerst eine
prachtvolle karminrothe Lüsterfarbe erfunden und als Ge-
heimnifs der Fabrikation von Gubbio zu bewahren gewufst.
(Zwei ungewöhnlich schöne Beispiele des in breiter Fläche
aufgetragenen rothen Lüsters sind die Teller mit der alle-
gorischen Figur der Prudentia vom Jahr 1526 und mit dem
Märtyrertod der heiligen Ursula vom Jahre 1540 in Sehr. 220.)
Der rothe Lüster erregte schon im 16. Jahrh. um so höhere
Aufmerksamkeit, als der italienischen Scharffeuerpalette eine
rothe Farbe — mit der vereinzelten Ausnahme von Faenza
(vgl. Seite 110) — versagt war. Es ist daher begreiflich, dafs in den
Augen der Zeitgenossen, wie noch gegenwärtig in Sammler-
kreisen, der Werth der Majoliken erhöht wurde, wenn sie
 
Annotationen