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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0187

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Das Forum zu Pompeii.

demselben sieht man noch in einer viereckigen Nische D die officiellen Maasse, die zur Controle beim
Messen der Körner- und anderer Früchte dienten. Sie sind in einer langen Tuftafel gearbeitet und ent-
leerten sich mittelst bronzener Klappen, die unter ihnen angebracht waren; eine Inschrift auf der Vorder-
seite dieser Tuftafel lehrt die Namen der JMagistratspersonen kennen, die mit der Aufstellung dieser
Eichmaasse beauftragt waren.

Zwischen diesen Speichern und Normalmaassen führt ein Gang zu einigen kleinen Kellern E, von
denen man glaubt, dass sie zu Gefängnissen gedient hätten.

An der Nordseite des Forum und westlich vom Tempel der Venus liegt die Basilika F, ein grosses
Gebäude aus der griechischen Schule, das von Strassen umgeben ist und mit dem Forum durch eine
Halle zusammenhängt; das Innere desselben ist reich decorirt und durch zwei Reihen korinthischer canne-
liiter Säulen getheilt.

An der Westseite sind drei Säle G, in denen man nicht umhin kann eben so viele Tribunale zu erkennen.

An der Südseite des Forum befinden sich mehrere Gebäude, über deren Bestimmung man nicht einig
ist. Zunächst zeigt sich da ein viereckiger Saal FI, der sehr einfach ist; man hat in ihm eine Schule
erkennen wollen; zweitens ein Bauwerk I, über dessen Bestimmung man gar nichts weiss, man nennt es
das Haus der Eumachia nach ihrer Erbauerin, deren Statue von weissem Marmor in einer viereckigen
Nische im Fond des zweiten Hofes steht. Wir würden geneigt sein darin die curia der Stadt Pompeii zu
erkennen, für welche einige Schriftsteller den grossen Saal K bestimmen, welcher von jenem durch ein

kleines religiöses Bauwerk T getrennt wird.

Das Gebäude Z, das anfänglich für ein Pantheon genommen wurde, gilt jetzt für ein hospitium wegen
der Anordnung seines Grundrisses; es hat Aehnlichkeit mit dem sogenannten Serapis-Tempel von Puzzuoli.
An der Vorderseite dieses Hospitiums und an der zu seiner Beeilten gelegenen Gasse befinden sich viele
Boutiken, die für Wechsler und Banquiers, hauptsächlich aber für Krämer bestimmt waren, die mit Par-
fümerien und Toilettensachen handelten; man weiss, dass es Brauch war, dass die Leute nach der Mode
auf das Forum gingen um sich dort bewundern zu lassen und den Ton anzugeben.

Das Studium der verschiedenen Baustyle, die bei den Portiken dieses ausgedehnten Bauwerks zur
Anwendung gekommen, ist höchst interessant, indem sie uns den Uebergang des griechisch - italischen
Styles zum rein römischen sehen lassen. Die ältesten Theile sind im dorischen Style erbaut, der mit
einem den schönsten Bauwerken Griechenlands würdigen Geschmack behandelt ist; ihre freieren und
zierlicheren Formen geben diesem Style neuen Reiz, ihre Simswerke sind mit ausserordentlicher
Zartheit profilirt. Die römischen Theile sind mit einfacheren Linien componirt und daher weniger graziös;
die fehlenden Triglyphen im Friese geben demselben weniger Wechsel und Reiz. Der Uebergangsstyl,
der von einem und dem anderen hat^ ist vielleicht vorzuziehen, weil er die Vorzüge beider in sich zu
vereinigen scheint. Die oberen Portiken gehörten diesem Uebergangsstyle an, der sich durch den guten
Geschmack seiner Details empfiehlt; die ionischen Säulencapitelle desselben verdienten nachgeahmt zu
werden. Die einfach und mager decorirten Triumphbogen haben den Stempel der ersten Werke dieser
Gattung. Die an das Forum anstossenden Gebäude zeigen eben so diese drei Style; einige davon, wie
der Tempel der Venus und die Basilika, sind im griechischen Style, andere wie der Tempel des Jupiter,
sind im Uebergangsstyle erbaut; die Gerichtssäle und die an der Südseite belegenen Gebäude gehören
einer späteren Zeit an, sie zeigen den römischen Baustyl.

Alles zusammengefasst, so ist das Forum von Pompeii ein Beispiel eines schönen öffentlichen Platzes,
der nach antikem Brauch gut angeordnet ist; die es umgebenden Gebäude sind alle mit solchem Aufwand
und Reichthum gebaut, wie es der Wichtigkeit ihrer Lage angemessen ist, und bieten sehr schöne Beispiele
griechisch-römischer Architectur dar.

Literatur.

1) Mazois, Fr., Les ruines de Pompei, dessinees et mesurees pendant les a-jnee
1809 a. 1811. Paris, 1834—1838. 2 vol. Fol. Mit Kupfern.

2) Real Museo Borbonico. Neaple, 1824 uff. Bd. 1 uff. 4. Mit Kupfern.

3) Bonnucci, C, Pompei descritta. Neapel, 1828. 8.

4) De .lorio, Plan de Pompei et remarques sur ses edifices.

5) Gell, W., Pompeiana. London, 1832. 2 vol. 8.

6) Boux, H., Vues des ruines de Pompei, d'apres l'onvrage publie a. Loudres, eu
1819, par W. Gell et J. P. Gandy. Paris, 1827. 4. Mit Kupfern.

7) Canina, L., Architetlura antica. Koni, 1834 uff. 4 vol. 8. Mit Kupfern.

8) Vitruve, Les dix livres d'architetttire avec les notes de Perrault. Nouvelle
Edition par E. Tardieu et Coussin fils. Paris, 1837. 4.
 
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