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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0279

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Das Felsengrab von Nakschi-Rustain.

einer Inschrift bestimmt.

Ansicht und den Grundriss Fig

Das mittlere Stockwerk enthält den Eingang und ist mit vier Wandsäulen (s. d.
2) verziert, welche etwa 7 Fuss von einander entfernt sind. Die Basen
der Säulen sind 1 Fuss 6 Zoll hoch; über ihren Schäften befinden sich seltsame Kapitale, die aus je
zwei Stierköpfen mit Einem Hörne bestehen, zwischen welchen, auf den Rücken der Stiere gelehnt, drei
vierseitige Steinplatten übereinander noch ein besonderes Mittelkapitäl bilden. Drüber hin läuft ein schmuck-
loser Architrav, der mit einer Reihe von Sparrenköpfen schliesst. Zwischen den beiden mittleren Säulen
befindet sich der Eingang, d. h. ein blosses Scheinportal, das mit einem hohlausgeladenen, fein kanne-
lirten Kranzgesimse verziert ist und eine Thür von vier Feldern über einander enthält; das unterste dieser
Felder ist von raubgierigen Händen, die in's Innere dringen wollten, gewaltsam verstümmelt worden.
Tiefer unterhalb dieses Portals ist der eigentliche Eingang des Grabes verborgen, eine viereckige Oeffnung
von 4 Fuss 6 Zoll Höhe. Die Breite des zweiten Stockwerkes beträgt 53 Fuss.

Das oberste Stockwerk endlich ist ganz mit Reliefs angefüllt. Wir erblicken zunächst zwei Reihen
von je vierzehn Figuren übereinander, welche auf ihren Händen zwei hübschver/.ierte Friese tragen. Ihre
Tracht besteht aus einer kurzen, gegürteten Tunica; vom Gürtel hängt bei Einigen ein Dolch auf den
rechten Schenkel herab. Die Köpfe sind sämmtlich unbedeckt, der Haarwuchs perückenartig. Zu beiden
Seiten sind höchst wunderliche Pilaster angeordnet; die Basis derselben gleicht einer Urne, dann folgt
ein Löwenfuss mit starken Krallen, hierauf eine Art von Säule mit horizontalen Wülsten bis zur halben
Höhe, endlich das Vordertheil eines Stieres mit einem Hörn auf der Mitte der Stirn; diese Stiere berühren
mit dem Rücken den obern Fries. Ueber diesen Skulpturen steht auf einer Erhöhung von drei Stufen
eine Figur in weitem langen Gewände, mit der Linken einen dicken, starken Bogen haltend — eine
Bezeichnung des Muthes und der Kraft; der rechte Arm ist halb ausgestreckt und die Hand flach offen;
Spangen schmücken die Arme. Das Haupt ist unbedeckt, der reiche Haarwuchs sorgsam geordnet; der
Bart wallt bis auf die Brust; es ist das Bild des todten Königes. Vor ihm, ebenfalls auf drei Stufen,
steht ein Altar, auf welchem das heilige Feuer brennt. Rechts über demselben sieht man eine Kugel
ausgehauen, wahrscheinlich die Sonne darstellend. In der Mitte über dem König und dem Altar schwebt
der gute Genius (im Zend-avesta Ferwer genannt) des Königs, ebenfalls in langem Gewände und mit
ähnlicher Haar- und Barttracht; nur trägt er eine runde kannelirte Krone, und hält in der Linken statt
eines Bogens einen grossen starken Ring; auch er erhebt die offene Rechte. Um ihn herum schwebt
eine Guirlande mit zwei herabhängenden Bandenden, eine Art von Flügeln schliesst sich an dieselbe an.

Nach der Lehre Zoroasters sind alle vernünftigen Wesen, die Ormuzd, das höchste Princip des Guten,
geschaffen hat, während ihres Lebens mit einem rein geistigen Wesen, dem Ferwer, das ebenfalls alle
Eigenschaften des Verstandes und der Seele besitzt, eng verbunden. (Die Thiere haben keine Ferwer's).
Diese Ferwer's existirten lange vor der Erschaffung der Menschen; sie vereinigen sich mit dem Leibe bei
der Geburt und verlassen ihn im Augenblicke des Todes. Sie kämpfen mit den bösen Genien, die Ah-
riman, das Prinzip des Bösen, geschaffen hat. Nach dem Tode vereinigen sich die verschiedenen Stoffe
des menschlichen Körpers mit den Elementen, welchen sie angehören, die Luft mit der Luft, die Erde
mit der Erde, das Wasser mit dem Wasser, das Feuer mit dem Feuer, Seele und Verstand aber mit dem
Ferwer, und zwar so, dass sie fortan mit demselben nur Ein Wesen bilden, welches nun nach den Hand-
lungen des Lebens belohnt oder bestraft wird.

Nun fragt es sich aber: stellt der hier abgebildete Ferwer den Ferwer des Königes oder den des
Ormuzd vor? Heeren hält beides für möglich; Krone und Ring können dem Ferwer des gestorbenen
Königes kaum mehr beigelegt werden, und dennoch wird wohl eher dieser gemeint sein, weil er der Figur
des Königes selbst so sehr gleicht. Auch deuten die beiden Bandenden auf den Costi'''), d. h. auf den
eigenthümlichen Gürtel der Bekenner der parsischen Religion.

Neben diesem grossen Relief und an den Wänden, welche durch die Vertiefung entstehen, finden
sich je drei Figuren über einander. Diejenigen, welche links von dem Relief stehen und gegen den
Rücken des Königes schauen, sind ähnlich wie dieser bekleidet und mit Lanzen bewaffnet; sie tragen
hohe Mützen, welche der Krone des Ferwers gleichen, aber nicht kannelirt sind. Die Figuren auf der

rechten Seite sind ebenso bekleidet; sie scheinen

gegen den Altar blickend zu weinen.

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'0 Die Gebern tragen den Costi über dem Hemde und legen ihn niemals ab. Er besteht aus 72 Fäden von Wolle oder
Kameelhaar und muss mindestens zweimal um den ganzen Leib reichen. Die Jünglinge legen ihn mit dem fünfzehnten
Jahre an, was jedesmal mit festlichen Ceremonien gefeiert wird.
 
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