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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0316

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Der Tempel oder die Maison Carree zu Nimes.

auf denen man die Vorhalle ersteigt, war ehemals fünfzehn. Dieser Unterbau ist unter der Vorhalle hohl
und gewölbt, unter der Cella aber eine durch und durch massive Steinmasse. In derselben hat man einen
Brunnen von 6 Fuss 4 Zoll (2 M.) Durchmesser und von 28| Fuss (9 M.) Tiefe entdeckt, in dem noch
das Wasser 7| Fuss (2 M. 66) hoch stand.') Die Mauern des gewölbten Raums im Unterbau unter der
Vorhalle sind aus Bruchsteinen und Mörtel zwischen Wänden von grossen Steinquadern aufgeführt.
Dieses Souterrain wurde durch kleine quatlrate Oeffnungen, die in den Wänden hoch oben angebracht
waren, erhellt, und hatte seinen Eingang an der Ostseite.

Der Tempel selber scheint keine gewölbte sondern eine gezimmerte Decke gehabt zu haben, und
die Cella muss von oben durch eine Oeffnung im Dache erleuchtet gewesen sein. Die kleinen quadraten
Fenster, die man noch vor einigen Jahren an mehreren Stellen in der Mauer sah, waren erst in neuester
Zeit angelegt worden; sie wurden bei der Restauration des Gebäudes im Jahre 1823 geschlossen.

Man hat bei dem Bau der Maison Carree verschiedene Arten Bausteine verwendet. Die Steine der
dicken Mauern sind sorgfältig behauen, gehen durch die ganze Mauer und sind ungefähr 2| Fuss (0M.70)
dick; sie sind aus dem Steinbruch von Sernhac, einem Dorfe 2 Meilen von Nimes seitwärts des Gardon
gelegen. Die Steine zu den Säulenbasen sind dieselben wie die zum Bau des Amphitheaters in Nimes
verwendeten. Zwei verschiedene Steinbrüche haben sie geliefert: der eine ist bei Roquemaliere § Meile
von der Stadt, der andere beinah 1 Meile von derselben an dem Wege von la Calmette gelegen und hat
den Namen von Barrutel. Die Säulen und die Blöcke zu dem Gebälk kommen von einem vierten Stein-
bruch, dem von Lens, \\ Meile von Nimes, nahe bei dem Dorfe Föns-outre-Gardon.

Ausgrabungen, die in den Jahren 1821 bis 1832 veranstaltet wurden, haben ergeben, dass die
Maison Carree in der Mitte eines Platzes lag, der von Portiken umgeben war; die Basen mehrerer Säulen
dieser Portiken sind noch an ihrem Platze gefunden worden, eben so ein Theil des antiken Pflasters.
Unter dem Niveau dieses Pflasters entdeckte man einen Theil einer Mosaik, die also noch älter als das
Pflaster sein musste, und die man, als die Maison Carree gebaut wurde, weder zu zerstören noch aufzu-
nehmen sich die Mühe gegeben.

Einige Alterthumsforscher haben diese Portiken als zu einem Forum gehörig betrachtet, es ist aber
viel eher anzunehmen, dass das Gebäude, was wir heute sehen, ein Sanctuarium war, das sich im Mittel-
punkt eines Peribolus oder heiligen Bezirkes erhob, wie wir davon mehrere noch erhaltene Beispiele zu
Pompeji in den Tempeln der Isis, der Venus, des Bacchus etc. sehen. Wahrscheinlich wurde der Peribolus
des Tempels zu Nimes im Jahre 345 von den Christen zerstört, in welchem der Tempel zu einer Kirche
umgewandelt wurde.

Nachdem die Maison Carree lange Zeit den Angriffen der Zeit und der Menschen ausgesetzt gewesen
war, wurde sie im Jahre 1824 zu einem Museum umgeschaffen, in dem man eine schöne Sammlung von
Gemälden, unter diesen Paul Delaroche's berühmten Cromwell, aufstellte, sowie eine Menge von Bruchstücken
antiker Sculptur und Architectur aus Nimes. Diesen glücklichen Gedanken verdankt man dem damaligen
Präfecten des Departements du Gard, Herrn de Villiers du Terrage.

Eine bemerkenswerthe Thatsache ist diese, dass fast alle in dem Museum von Nimes aufbewahrten
antiken Fragmente aus dem gewöhnlichen Bausteine gearbeitet sind, so wie desgleichen die daselbst noch
existirenden antiken Gebäude, während dagegen die in den Museen von Vienne und Arles aufbewahrten
Alterthümer jener Städte fast alle von Marmor sind. Sollte man daraus schliessen, dass im Widerspruch mit
den Berichten der Geschichtsschreiber Arles und Vienne reichere und bedeutendere Städte als Nimes waren?

*) Brunnen, Quellen und Wasserleitungen in Tempeln sind bei den Alten nichts Seltenes. In der Cella des Tempels zu Delphi
sprudelte die im Tempelbezirk entspringende Kassotis auf, und in das Heraion zu Argos war das Wasser des Eleutherion
unterirdisch geleitet, im Tempel des Asklepios zu Syrakus entsprang der Quell Halirrhotia selber; im Tempel des Apollon
zu Hysiae floss wie im Delphischen Tempel ein mantischer Quell, so auch im Tempel des Klarischen Apollon. — In den
Tempel der Vesta zu Rom führte eine Wasserleitung von der Quelle Egeria, eben so wird auch einer Wasserleitung in dem
Tempel des Capitolinischen Jupiters gedacht. — Dem Poseidon heilige Salzbrunnen kommen im Tempel des Poseidon
Erechtheus auf der Akropolis zu Athen, in dem Poseidontempel auf der Akropolis von Milasa und im Poseidonion bei
Mantinea vor. In jedem Tempel wurde Wasser zur Vollziehung der Katharsis, der Reinigung gebraucht. M. s. über dieselbe
Böttichers Tektonik der Hellenen. Bd. 2. L. L.

Literatur.

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2) Montfaucon, E. de, L'antiquite expliquee et represent^e en figares. Paris,
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3) Maffei, Antiquitates Galliae. Ep. XXV. Verona, 1731. 4.

4) Mezeray, Fr. E. de, Abrege chronologique de l'histoire de France. Paris, 1717. 4.

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Fol. Mit Kupfern.

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12) Introdnction ä l'histoire de France, etc., par. A. de Jouffroy et E. Breton.
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13) Batissier, Elements d'archeologie. Paris, 1813. 12.

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15) Batissier, Histoire de l'art monumental. Paris, 1847. Fol.
 
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