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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0344

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N

Das Amphitheater zu Pola.

man gelangte zu ihm^ indem man zehn Stufen herabstieg, während auf der Meeresseite der Fussboden
dieses Ganges auf dem Unterbau ruhte. So befand sich denn der Zuschauer, der vom Hügel her kam
auf der Höhe der zweiten Arcaden-Etage und musste herabsteigen, um auf das Podium G und die Sitz-
stufen des ersten Ranges zu gelangen, während derjenige, der von der Seite des Meeres her kam, ein
halbes Stockwerk und dann noch einige Stufen hinaufsteigen musste, welche am Ende der Gänge lagen,
die nach dem Centrum liefen, um sich auf der Höhe der ersten Sitzstufen zunächst des Podiums zu be-
finden. Man gelangte zu den Vomitorien H der Hauptpraecinctionen auf geraden oder auf doppelt gewun-
denen Treppen, je nachdem man in das Gebäude von der höher gelegenen Seite oder vom Meere her kam.

Von dem zweiten Stockwerk an werden die vier vorspringenden Theile des Gebäudes für die Ent-
leerung des Amphitheaters nützlich. Ihre Arcaden waren in dieser Höhe vermauert; zwischen ihrer
Facadenmauer und der Umfassungswand des Amphitheaters befanden sich schmale Treppen, auf denen
man zu einem Attikengeschoss, das über dem zweiten Arcaden-Stockwerk lag, gelangte, welches nach Innen
eine von Säulen begränzte Gallerie L bildete, die hölzerne Sitzstufen enthielt und für die Sklaven und
für die öffentlichen Frauenzimmer nach dem in den meisten antiken Theatern üblichen Brauche bestimmt
war. (S. den Grundriss.) In dem in der Höhe dieser Gallerie befindlichen Stockwerk der thurmartigen
Vorsprünge waren Treppen gelegen, auf denen die für den Dienst des Velariums bestimmten Leute auf
den höchsten Punkt des Gebäudes gelangen konnten.

Wir wollen nun weiter die Mittel untersuchen, die der Architect anwendete, um das Wasser abzuleiten,
das bei einfallendem Regenwetter bald die Arena, die Praecinctionen und die Gallerien unbrauchbar
machen konnte. Zwischen den beiden am Hügel (bei A) gelegenen Vorbauten lief ein Aquaeduct entlang,
der das von den benachbarten Hügeln gegen das Amphitheater fliessende Wasser aufnahm und es in das
Gebäude durch Kanäle in der Richtung gegen das Centrum führte, in welche auch das Wasser von den
obersten Sitzstufen abfloss. Durch die Mauer des Podiums aufgebalten machten diese Canäle den Weg
um das Amphitheater herum, und gelangten zu einer Wasserleitung, die das von der Arena abfliessende
Wasser aufnahm; von dort floss das Wasser in dem niedriger gelegenen Theile des Gebäudes durch
sechs Canäle, die unter den Hauptcorridoren lagen, in einen Hauptcanal zusammen, der in der Richtung
der kleinen Axe C erbaut war, durch den das Wasser ins Meer geleitet wurde.

Die Facade des Amphitheaters von Pola zeigt eine grandiose und ernste Architectur, wie man aus
der perspectivischen Ansicht erkennen kann. Das erste Arcaden-Stockwerk, das an der Seite des Hügels
fehlt, wird an der Meeresseite von einem Unterbau mit dossirten Verstärkungspfeilern getragen; in diesem
Unterbau und besonders in dem der beiden thurmartigen Vorbauten befinden sich quadrate Eingangsthore,
von denen mehrere vermauert sind; sie führten den vom Meere her kommenden Zuschauer, wie wir schon
oben bei Betrachtung des Grundrisses gesehen haben, zu den Corridoren und den Treppen. Dieser
Unterbau ist aus sehr grossen grob zugehauenen Steinen errichtet (s. Fig- 3) und wird von einem Gesimse
gekrönt, dessen Profil aus Fig. 10 zu ersehen ist. Ueber diesem krönenden Gesimse erheben sich die
Pfeiler, welche die erste Arcadenreihe unterstützen; sie sind mit dorischen Pilastern geschmückt, deren Ca-
pital Fig. 8 zeigt; sie stehen ohne Basis auf einem rohen Piedestal (s. Fig. 10). Das Profil des Kämpfers
wird aus Fig. 9 ersichtlich. Die Pilaster tragen ein Gebälk, dessen Architrav sich nur durch einen kleinen
Vorsprung vom Friese unterscheidet, wie man aus dem Durchschnitt der Facadenmauer in Fig. 3 ersehen
kann; das Profil des Kranzgesimses zeigt Fig. 7. Jener Durchschnitt der Facadenmauer lässt auch sehen^
dass die Seiten des thurmartigen Vorbaues in dem ersten Geschoss sehr schmale Oeffnungen haben.

Das zweite Arcaden-Stockwerk wird von weniger breiten Pfeilern als die unteren getragen, sie ruhen
auf einem ohne Unterbrechung durchgehenden Sockel, und sind mit dorischen Pilastern ohne Basen
geschmückt, deren Capital wie das der untern Ordnung profilirt und in Fig. 5 zu sehen ist. An den
Vorbauten sind nur die Capitäle der Pilaster allein vorhanden und die Schäfte fehlen. Die beiden Arcaden
des Vorbaues sind in dieser Etage bis zu den Kämpfern vermauert, um die Treppen zu verstecken, die,
wie wir schon oben gesagt haben, in diesen Vorbauten zu der obersten Etage führen. Senkrechte stei-
nerne Gitterstäbe dienen noch heute zum Verschluss der Bogen; das Profil des Kämpfers zeigt Fig. 6.
Das Gebälk dieser Etage ist eben so wie das der unteren angeordnet, der Architrav ist ohne Krönung
und springt etwas vor, der Fries ist rustik, das Kranzgesimse besteht nur aus einer grossen Kehle mit
einer Welle darunter (s. Fig. 4).

Das dritte Geschoss bildet die Attika zu den beiden unteren Ordnungen: dasselbe hat in der Axe
der Arcaden quadrate Fenster, deren Sturz aus einem grossen Steinblock besteht. Um ein Brechen des-
selben zu verhüten, ist er in seinem nicht unterstützten Theile in der darüber folgenden Ouaderschicht

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