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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0367

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Die Biider des Äntonin Caracalla zu Rom.

das man in dem caldar'mm M nahm, einem grossen kreisrunden Saal von fast 111 rheinl. Fuss Durchmesser,
dessen Wand acht grosse Oeffnungen hatte, die Nischen bildeten und mit zwei Säulen nach aussen abschlössen;
in jeder derselben befand sich eine Wasserkufe von kostbarem Material. Spartian nennt diesen Saal die
ceila solearls, weil sein Vorsprung über das Ilauptallignement der Facade den Vortheil bot, dass er von
den Strahlen der Sonne erwärmt werden konnte. Zu seiner Zeit war dieser Saal mit Recht berühmt und
wurde als ein Meisterstück betrachtet: besonders war das Deckengewölbe, das eine Kuppel gewesen sein
muss, Hauptgegenstand der Bewunderung. Nachdem man das warme Bad genommen, kehrte man zur
Steigerung der Wirkung zum kalten wieder, indem man durch die zur Rechten und Linken gelegenen
tepidaria N zur cella frigidaria O gelangte. Ein anderes kleines tepidarium P diente als Vorbereitung für
die starke Hitze des sudatorium oder Schwitzbades Q.

Die beiden Vestibüle i?, die die Bibliotheken S schieden, führten so wie die Seiteneingänge in die
Peristyle, denen sich die Exedren T für philosophirende Versammlungen, ein unbedeckter Raum U für die
körperlichen Uebungen, ein gleichfalls unbedecktes frigidarium V, und die ephebea W, oder die Räume zur
Uebung der männlichen Jugend anschlössen. Die mit X bezeichneten Räume waren für den Badedienst
reservirt; in denen, die von dem kreisrunden Saale am entfernsteten und neben den sudatoriis lagen, befand
sich ein Wasserreservoir und das propnigeum der ausgedehnten Hypokausten, die unter den Fussböden
circulirten und die sudatoria, die tepidaria und das caldarium erwärmten, der unterhöhlte Fussböden dieser
Räume wurde nämlich von einer Menge kleiner Pfeiler aus Ziegeln getragen.

Die Thermen des Caracalla sind wie alle ausgedehnten Bauwerke von kleinen Steinen erbaut; die
sehr dicken Mauern sind ein mit Ziegeln bekleidetes Emplecton, deren dreieckige Form eine vollkommene
Verbindung der Bekleidungswände mit dem Mauerkörper sicherte; um ihnen noch mehr Festigkeit zu
geben, waren eine gewisse Anzahl Schichten von viereckigen Mauerziegeln durch die ganze Dicke der
Mauer gelegt. Ein dicker Mörteiabputz war über alle sichtbaren Flächen der Mauern ausgebreitet. Die
Gewölbe waren durch ein Gussmauerwerk von Bimsteinen, um sie so leicht als möglich zu machen,
hergestellt; zu ihrer Verstärkung waren Gurte eingewölbt, die aus einer oder zwei Reihen flachgelegter
grosser Ziegeln bestanden; über dem Gewölbe war zur Herstellung von Terrassen eine l Fuss dicke
Lage eines äusserst harten Cements ausgebreitet, in welcher Mosaiken incrustirt waren.

Die Decoration der Wände war sehr reich; die Aussenwände waren an der Seite des Eingangs in
das Bad und an den beiden Nebenseiten mit einem bemalten Stuc bekleidet; an der Seite, die nach dem
Xystus sah, traten an die Stelle dieser Malereien reiche musivische Bilder aus gefärbten Glasstiften, von
denen Spuren noch übrig sind. Die Räume des Umrings waren mit weissem Marmor gepflastert, die des Haupt-
gebäudes mit Marmortafeln von verschiedenen Farben oder mit Mosaiken, letztere befanden sich gewöhnlich
in den Räumen, unter deren Fussböden Hypokausten waren. Die Wände waren mit Marmortafeln bis zum
Anfang der Gewölbe bekleidet, die Gewölbe ganz mit Stucs decorirt. Die kostbarsten und mannigfaltigsten
Steinarten waren für die innere Decoration angewendet, unter diesen wollen wir nur den weissen Marmor,
den grünen africanischen, den grauen africanischen, den gelben Marmor oder giallo antico, parta-santa
und paonazetto, den rothen und grünen Porphyr, den orientalischen Alabaster etc. erwähnen. Die Säulen-
schäfte, sämmtlich aus einem Stück, waren aus rothem oder grauem Granit, aus Porphyr, aus gelbem
Marmor (giallo antico) oder aus orientalischem Alabaster.

Die vollendete Regelmässigkeit, die Harmonie und die schöne Vertheilung der Räume empfehlen den
Grundriss der Thermen des Caracalla dem Studium der Architecten. Obgleich noch der schönen Zeit
römischer Kunst angehörend wurde dieses Bauwerk doch in einer Epoche errichtet, wo die Kunst schon
ihrem Verfalle zustrebte; die aus kleinen Steinen errichteten Mauern, die verschwenderische Fülle der
Verzierungen, die sich fast über alle Simswerke ausbreitete, die kostbaren und so äusserst mannigfaltigen
Marmorarten, die complicirte Zusammensetzung des Fussbodenpflasters, die weniger mit architectonischen
Gliederungen als mit Stucs und Mosaiken verzierten äusseren Facaden sind gewisser Maassen schon
Indicien für diesen Verfall, die compositen Säulencapitelle kündigen denselben schon an, und gaben das
Signal zu einer Willkühr in der Formation der baulichen Kunstformen, die bald keine Grenze mehr hatte.

Literatur.

1) Montfaucon, B. de, L'antiquite expliquee et representee en figures. Paris
1719—1724. 15 vol. Fol. Mit Kupfern.

2) Cameron, Ch., Description des bains des Romains, enrichie de plans de Pal-
ladio, etc. London 1772. Fol. Mit Kupfern.

3) Palladio, A, Les thermes des Romains, dessines par A. Palladio et publies
de nonveau avec quelques observations par O. B. Scamozzi. Vicenza 1785.
Fol. Mit Kupfern.

4) Quatremerede Quinzy, A. Ch., Dktionnaire de l'architecture. Paris 1795—1825.
3 vol. 4.

5) Blouet, A., Restanration des thermes d'Antonin Caracalla ä Rome. Paris
1828. Fol.

6) Canina, L., Architettura antica descritta e demonstrata coi monumenti. Rom
1834 u. ff. 4 vol. 8. Mit Kupfern.
 
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