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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 2
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Hoemann, Reinhold: Die Grünanlagen der kleinen Rheinstädte
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0029

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Die Grünanlagen der kleinen Rheinstädte.

Von R. Hoemann, Düsseldorf. ,

Recht oft führen mich in den letzten Jahren staltungsart sind allenthalben am Rhein ent-
Geschäfte vom Niederrhein bergwärts nach Rü- standen. Auf diesen wunden Punkt den Finger
desheim und Mainz. Gern suche ich mir bei zu legen, bezwecken meine heutigenAusführungen.
diesen Fahrten im Eisenbahnabteil einen Fenster- Hier ist viel leichter Abhilfe zu schaffen
platz, und so oft ich den Weg auch mache, immer wie bei den kostspieligen Bauten, wenn man
wieder erfreut mich der Anblick der einzigschönen nur erst einmal allerorts erkennen würde, wie
Rheinlandschaft. Der stolze Strom, die wald- und falsch man auf diesem Gebiete in den kleinen
rebengeschmückten Berge mit ihren verfallenen Rheinstädten vorgegangen ist. Die Verschöne-
Burgen und neu erstandenen Herrschaftssitzen, rungsvereine, die so oft in bester und uneigen-
dje freundlichen Ortschaften in ihrer bodenstän- nütziger Absicht gerade bei den Gartenanlagen
dig charaktervollen Bauweise der weißgeputzten, falsche Wege beschritten, sie könnten auch hier
schiefergedeckten Häuser, das Alles malt sich wieder hinausführen aus der Sackgasse, in die
zusammen zu einem Bilde voll edler Harmonie man sich verrannte; sie könnten die Irrtümer
und hoher, freundlich anmutender Schönheit. wieder berichtigen, die man wohlmeinend, aber

Und doch wird die Harmonie des Landschafts- in Unkenntnis des richtigen Weges oft und an

bildes allzuoft mehr oder weniger gestört durch vielen Orten beging.

einige Mißtöne, die in den sonst so reinen, vollen Es ist bedauerlich, daß man das Unschöne

Akkord hineinklingen. Zwar sind diese Unter- einer Gartenanlage in der Öffentlichkeit heute

töne noch nicht so stark, daß sie die Schönheit und wahrschemlida auch in Zukunft viel schwerer

des Ganzen wesentlich beeinträchtigen, aber erkennt, als etwa das Unschöne der vorhin kriti-

immerhin sind sie störend und sollten beseitigt sierten Bauten. Man hält im allgemeinen jede

werden, wo es möglich ist. Gartenanlage für schön, welche schöne Pflanzen

Als Ursache dieser Dissonanzen empfinden aufweist. Ihrer freut man sich beim Durchwan-

wir vor allem die vielen schlechten Neubauten, dern der Anlage. Und wenn ein Garten viele

Welche als traurige Zeichen einer Periode ge- wirklich schöne und gut gepflegte Pflanzen ent-

schmacklichen Tiefstandes sich überall zwischen hält, so folgert man fälschlich, ist auch der Garten

die guten alten bodenständigen Bauten hinein- als solcher schön.

Sedrängt haben. Wie aufdringliche Protzen zwi- Doch gehen wir einmal etwas näher auf die

schen schlichten, biederen Bürgerleuten, ziehen Sache ein.

s^ die Aufmerksamkeit auf sich, und leider sind Wie sind denn diese Anlagen der Rhein-
es recht oft die Bauten der Regierung und derBe- uferstädtchen, warum sind sie unschön und wie
horden, welche hier eine führende Rolle spielen, müßten sie umgestaltet werden? Meist steht für
Es wird lange dauern, bis diese stummen, diese Uferanlagen ein schmaler, langgezogener
Qber beredten Zeugen einer Periode traurigen Geländestreifen zur Verfügung, der sich zwischen
Verfalles der Baukunst langsam verschwinden, dem Rheinstrom und den Häuserreihen der Ort-
Urn besseren Bauten Platz zu machen. Heute schaffen hinzieht. Wie ist nun dieser langgezo-
sind diese Mängel wohl allerorts erkannt, und gene Streifen behandelt? Die Antwort lautet:
eifrig arbeitet man an ihrer Beseitigung. Ein Nach der Gestaltungsart, die man, ob mit Recht
besonderes Verdienst gebührt in dieser Beziehung oder Unrecht, „die landschaftliche" nennt. Das
em rheinischen Verein für Denkmalpflege und Gelände ist von Schlängelwegen durchzogen, die
eimatschutz, und die Regierung, deren Organe kleinen Wiesenflächen sind sanft gemuldet, an
^rt!"a^e au^ Lesern Gebiete früher so oft und den Wegkreuzungen stehen buntscheckige Gehölz-
l'rtvT6^ Sunciigten, bemüht sich heute nach Mög- gruppen, vor denselben „Solitärs", auf denRasen-
Keit, wieder auf den guten, alten Weg zurück- flächen einige Rosen- und Blumenbeete. Wo der
ommen. Raum es erlaubt, findet sich eine kleine, unregel-
Aber nicht nur schlechte Bauten wurden in mäßige Teichanlage (wie lächerlich neben dem
e^ letzten Jahrzehnten in diesen, sonst so mächtigen Strom), in der Mitte oft ein recht
leblichen Rheinstädtchen erstellt, nein, auch jämmerliches Kriegerdenkmal. Kurzum Anlagen,
artenanlagen in durchaus zu verwerfender Ge- wie Schultze-Naumburg und andere nach ihm sie

Gartenkunst 1914, Nr. 2

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