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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 19
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Heicke, C.: Die geschäftliche Lage der Baumschulen und Gartenarchitekten während des Krieges
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0283

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Die geschäftliche Lage der Baumschulen und Garten-
architekten während des Krieges.

Seit der glatten Durchführung unseres
Heeresaufmarsches sind Wochen ins Land ge-
gangen. Wer an jene Zeit zurückdenkt, dem tritt
deutlich der Gegensatz vor Augen zwischen
dem Verhalten der Kriegsbehörden und der Ge-
schäftswelt. Dort eine Ruhe und Sicherheit,
die selbst Den überraschen mußte, der von je-
her das größte Vertrauen zu unserer Heeres-
bereitschaft hatte; hier eine,Aufgeregtheit und
Kopflosigkeit, die in vieler Beziehung zu
schlimmen Befürchtungen Anlaß gab und ihren
Grund darin hatte, daß man sich nie mit dem
Gedanken an die Möglichkeit eines Krieges
ernsthaft befaßt oder gar schon etwas darauf
eingerichtet hatte.

Angestelltenentlassungen, Betriebseinschrän-
kungen, Zurückziehung von Aufträgen und
Bestellungen und dergleichen Maßnahmen kenn-
zeichneten das Verhalten der Geschäftswelt, und
in gewissem Sinne gilt dies auch von vielen Ver-
waltungen. Die Anzeigenteile der Zeitungen
schrumpften über Nacht zu einem Nichts zusam-
men, die sonst so bunten Anschlagsäulen waren
von oben bis unten mit weißem Papier überzogen.

Begreiflich war diese Verwirrung, denn
allgemein hatte man sich gewöhnt, den Aus-
bruch eines ernsten, uns in Mitleidenschaft
ziehenden Krieges für ausgeschlossen zu halten.
Auf einmal war er da. Die Wenigsten, eigent-
lich Niemand, konnte sich ein Bild von dem
machen, was nun werden würde. Erfreulich ist
es, daß der von vielen gefürchtete allgemeine
Niedergang mit dem Gefolge zahlreicher ge-
schäftlicher Zusammenbrüche durchaus nicht in
dem erwarteten Umfang eingetreten ist. Das
Leben geht seinen Gang und stellt viele Anfor-
derungen, die auch während der Kriegszeit be-
friedigt sein wollen. Wenn an gewissen Aus-
gaben gespart wird, die zu andern Zeiten
selbstverständlich erscheinen, so darf gewünscht
werden, daß das nicht nur eine vorübergehende
Erscheinung bleibt; denn auch in Deutschland hat
man sich nach und nach an Geldausgeben ge-
wöhnt für viele zum mindesten höchst über-
flüssige Dinge. Daß manches teurer geworden
ist, wird im allgemeinen nicht schwer emp-
funden. Die geschäftliche Tätigkeit belebt sich
wieder, und auch da bilden die Anzeigenteile der
Zeitungen wieder einen sicheren Gradmesser.

Leider scheint gerade das Gebiet, das uns am
nächsten liegt, hiervon ausgeschlossen zu bleiben.
Nach eigenen Beobachtungen und uns zugehen-
den Nachrichten steht das Geschäft in den meisten
Zweigen des Gartenbaues so gut wie still, und

nur in einigen, die vorzugsweise dem Tagesbe-
dürfnis durch Lieferung von Obst, Gemüse,
Schnittblumen und dergl. dienen, ist etwas Leben
zu verspüren.

Alle andern Zweige befinden sich infolge des
Ausbleibens nennenswerter Aufträge in so übler
Lage, daß viele Geschäfte kaum durchhalten wer-
den bis sie nach dem Krieg die Einbußen, welche
sie jetzt erleiden, durch gesteigerte Umsätze
und Einnahmen wieder auszugleichen können.
Für diese Gartenbauzweige bildet es keinen Aus-
gleich, daß es jenen andern im gewissem Sinne
erträglich geht, denn sie stehen zu einander in
keinenBeziehungen. Denn der Gartenbau hat sich
im Laufe der Zeit in Sonderzweige geteilt, deren
Zusammenhang mehr und mehr gelockert,
zum Teil fast verloren gegangen ist. Es hat
diese Arbeitsteilung zu dem großen Aufschwung
geführt, den man im letzten halben Jahrhundert
auf diesem wichtigen Gebiete unserer heimischen
Volkswirtschaft beobachten konnte.

Durch Arbeitsteilung war eine weitgehende
Herausarbeitung der Anzuchtverfahren und Ein-
richtungen für die verschiedenen Zwecke inner-
halb der entstandenen Sonderzweige möglich,
die zur Folge gehabt hat, daß ein großer Auf-
schwung eingetreten ist und die früher vor-
handene Abhängigkeit vom Ausland überwunden
werden konnte. Der deutsche Gartenbau ist zur
Deckung der meisten Inlandsbedürfnisse fähig
und in sehr vielen Dingen ist er sogar der Ver-
sorger des Auslandes geworden. Es verdienen
diese Verhältnisse gerade im Hinblick auf die
Ergebnisse, welche wir Deutsche von dem Krieg
erhoffen, einmal eingehend behandelt zu wer-
den. Für heute kann nicht näher darauf ein-
gegangen werden.

Zu den wichtigsten Zweigen des Gartenbaues
in diesem Zusammenhang ist das Baumschulen-
fach einschließlich der Rosenschulen, Stauden-
gärtnereien u. dergl. zu zählen. Was deutsche
Baumschulen heute leisten, ist jedem Gartenfach-
mann bekannt, dem größeren Publikum konnte es
im Zusammenhang auf der Gartenbau-Ausstel-
lung in Altona in diesem Jahre in einer großzügig
angelegten Sonderschau vor Augen geführt wer-
den. Das Geschäft im Baumschulenfach steht seit
Beginn des Krieges still. Aber nicht der Krieg an
sich ist die unmittelbare Ursache, denn durch ihn
ist abgesehen von einem gewissen Mangel an Ar-
beitskräften und einigen Verkehrserschwerungen
nichts gegeben, was eine Beeinträchtigung des
Geschäftsgangs bilden müßte. Hier macht sich
vielmehr vorzugsweise die Zurückhaltung der

Gartenkunst Nr. 19, 1914.

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