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Harth, Dietrich [Hrsg.]
Finale!: das kleine Buch vom Weltuntergang — München, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.2939#0088

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Menschen vorgegangen; und das erste Empfinden von Schmerz
ward zum wilden Signal für allgemeines Wehklagen und Grau-
en. Dieses erste Schmerzgefühl bestand in einer heftigen Be-
klemmung der Lunge und der Brust sowie einer unerträglichen
Hauttrockenheit. Es ließ sich nicht leugnen, daß unsere Atmo-
sphäre von Grund aus in Mitleidenschaft gezogen war; die
Konformation dieser Atmosphäre und die möglichen Modifi-
kationen, denen sie vielleicht unterworfen war, wurden nun
zum zentralen Thema der Diskussion. Man forschte, und das
Ergebnis dieses Forschens fuhr in der Menschheit Herz wie ein
elektrischer Schock des äußersten Grauens.

Es war schon lange bekannt, daß die Luft, welche uns um-
hüllte, in einem Gemisch aus Sauerstoff- und Stickstoffgas be-
stand, und zwar im Verhältnis von einundzwanzig Teilen Sau-
erstoff zu neunundsiebzig Teilen Stickstoff bei jedem Hundert
Atmosphäre. Sauerstoff, Grundelement der Verbrennung und
Mittler der Wärme, war absolut notwendig zur Erhaltung des
animalischen Lebens und war das machtvollste und tatkräftig-
ste Agens in der Natur. Stickstoff dagegen war außerstande,
animalisches Leben oder Flamme zu unterhalten. Ein unnatür-
liches Überhandnehmen von Sauerstoff würde, das hatte man
ermittelt, in just einer solchen Erhöhung des animalischen
Lebensgefühls resultieren, wie wir sie jüngst an uns erfahren
hatten. Und was aus dieser Idee folgte, das war's, was solch
heilige Scheu hervorgerufen hatte. Was würde das Ergebnis
einer totalen Extraktion des Stickstoffs sein? Ein gigantischer
Brand würde sich entzünden, unwiderstehlich, alles verschlin-
gend, allverbreitet, unmittelbar; - in allen ihren kleinsten und

Straßenlange Schlangenleiber ringelten Echsen über die Fel-
sen, stürzten sich ins Wasser, die erst blassen, dann schwärz-
lich-braun anlaufenden Wesen, denen Stacheln aus den schma-
len bezahnten Schädeln wuchsen und die unten im Wasser
brünstig grunzend mit ihren breiten Schwimmschaufeln wate-
ten. Wie diese Tiere das Wasser durchschwammen, kämpften
sie mit anderen, mußten sich in dem Wust des aufkommen-
den, sie selbst durchrieselnden, über sie zusammenschlagen-
den Lebens behaupten.
 
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