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N°. gg. HEIDELBERGER 1834.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Dr.
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Aufserdem aber führt nun diese Steile und die ganze wahr-
haft historische Entwicklung der allmählichen Entstehung unsers
jetzigen Kirchendogma auf
den zweiten Hauptpunkt, nämlich auf die älteren, noch
gar nicht evangelischen, Begriffe vom Sterben und dem
Zustand nach dem Tode. Welcher Kirchglaubige nämlich
meint nicht, wie wenn von jeher nur die Lehrmeinung: Alle
Fromme kommen durch ihren Tod unmittelbar zu Gott in den
Himmel, alle Bose ebenso zum Teufel in die Hölle! uralte OL
fenbarung und Orthodoxie gewesen wäre. Dennoch ist im ganzen
Alten Testament der Religionsglaube aller prophetischen Männer,
wie des Volks, völlig ein anderer, dem Glauben Homers über
das unterirdische Todtenwesen paralleler, dafs alle Sterbende,
Gute und Böse, in einen unterirdischen düstern Aufenthaltsort,
nicht etwa zur Läuterung, sondern für immer hinabkommen und
nur die Auserwähltesten, wie Henoch, Mose, Elia u. s. w. in den
Himmel versetzt würden. Die Seelen, als menschenähnliche blofse
Schattengestalten gedacht, hatten dann dort zwar ihre vorige
Gesinnungen, honnten aber nun (wie Achilleus in der Odyssee)
keine Leidenschaft mehr gegen Andere thätlich ausüben, Hiob
2, iß—15, höchstens (s. Jes. 14, 9 — 20.) einander verhöhnen.
Deswegen werden sie Todte, vexpot, und ihr Zustand &atpct-to$
genannt, weil sie ohne Leib gedacht wurden, also ohne sinnliche
Tbatigkeit seyn mufsten, wenn sie gleich manes (bleibende Ueber-
reste?) waren.
Erst um die Zeit des apokryphischen Weisheitsbuchs dachte
man für diesen Hades an eine Unterscheidung, 2, 2$, dafs
die Seelen der Rechtschaffenen, Tor dixattar, dort durch Gottes
Hand, nicht in einem ^auaroc, sondern tt? etpqrp, in einem be-
friedigten Zustand seyen, die Bösen dagegen wie in einem
fortwährenden Sterben, und wie die Parabel vom reichen
Schlemmer zeigt, auch schmachtend und peinleidend fortdauerten.
XXVH. Jahrg. 5. Heft. 28
 
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