780 Van Heusde: * Diss. de Aelio Stilone.
zes bildete, das seine eigene Dedication hatte oder doch ha-
ben konnte. Wenn im Ganzen der aus dieser Stelle ge-
machte Einwurf von geringer Erheblichkeit ist, so ist es
desto schwieriger, das Verhältniss dieser Rhetorik zu der
Inventio rhetorica des Cicero bei der so schlagen-
den und auffallenden Inhaltsähnlichkeit zu bestimmen und da-
mit zugleich auch alle die zahlreichen Widerspräche und Be-
denken zu lösen, welche unwillkürlich hier entgegentreten.
Unser Verf. gibt der Ciceronianischen Rhetorik jedenfalls
den Vorzug vor der an Herennius, welche, was Eleganz
und Reinheit der Darstellung, den weniger trocknen und
nüchternen Vortrag, die gelehrte Bildung, das feinere und
richtige Urtheil u. dergl. m. betrifft, weit nachstehe, und ins-
besondere in der Entwicklung und Erörterung der einzelnen
Vorschriften abweiche, auch in der lebendigen und freieren
wissenschaftlichen Behandlung des Gegenstandes sehr zu-
rückbleibe. So vermuthet denn der Verfasser, dass Cicero,
nachdem er allerdings unter Aelius in Redeübungen sich ver-
sucht, dann aber später durch andere Vorträge, die er ge-
hört, den Kreis seiner Bildung, seiner Kenntnisse und An-
sichten erweitert, an die Abfassung der Schrift De inven-
tione rhetorica gegangen, bei der er unter anderen ihm
zu Gebot stehenden Schriften und Heften insbesondere die
Vorträge des Aelius benutzt, um daraus Manches, was ihm
zweckmässig und ersprieslich schien, auch in seine Darstel-
lung aufzunehmen, die auf diese Weise Manches enthalten
musste, was in der später, wie der Verf. lannimmt, auf die
dringenden Bitten des Herennius von Aelius bekannt gemach-
ten Anleitung (die eigentlich nur eine Zusammenstellung
oder Ueberarbeitung seiner mündlichen Vorträge enthielt)
natürlich sich wieder finden musste. Auch, meint der Verf.,
habe Aelius diese aus vier Büchern bestehende Anleitung
nicht auf ein Mal, sondern mit Unterbrechungen nach den
einzelnen Büchern nach und nach herausgegeben, so dass
die Erscheinung der zwei oder drei ersten Bücher gerade in
eine Zeit gefallen, in welcher Cicero’s Schrift De inventione
in ihren beiden ersten Büchern erschien. Daher habe Cicero
durch das unerwartete Erscheinen der Schrift des Aelius,
seines Lehrers, überrascht, sich bestimmen lassen, von der
weiteren Fortsetzung des angefangenen Werkes abzustehen,
tfa er die grosse Uebereinstimmung des Inhalts seiner Schrift.
zes bildete, das seine eigene Dedication hatte oder doch ha-
ben konnte. Wenn im Ganzen der aus dieser Stelle ge-
machte Einwurf von geringer Erheblichkeit ist, so ist es
desto schwieriger, das Verhältniss dieser Rhetorik zu der
Inventio rhetorica des Cicero bei der so schlagen-
den und auffallenden Inhaltsähnlichkeit zu bestimmen und da-
mit zugleich auch alle die zahlreichen Widerspräche und Be-
denken zu lösen, welche unwillkürlich hier entgegentreten.
Unser Verf. gibt der Ciceronianischen Rhetorik jedenfalls
den Vorzug vor der an Herennius, welche, was Eleganz
und Reinheit der Darstellung, den weniger trocknen und
nüchternen Vortrag, die gelehrte Bildung, das feinere und
richtige Urtheil u. dergl. m. betrifft, weit nachstehe, und ins-
besondere in der Entwicklung und Erörterung der einzelnen
Vorschriften abweiche, auch in der lebendigen und freieren
wissenschaftlichen Behandlung des Gegenstandes sehr zu-
rückbleibe. So vermuthet denn der Verfasser, dass Cicero,
nachdem er allerdings unter Aelius in Redeübungen sich ver-
sucht, dann aber später durch andere Vorträge, die er ge-
hört, den Kreis seiner Bildung, seiner Kenntnisse und An-
sichten erweitert, an die Abfassung der Schrift De inven-
tione rhetorica gegangen, bei der er unter anderen ihm
zu Gebot stehenden Schriften und Heften insbesondere die
Vorträge des Aelius benutzt, um daraus Manches, was ihm
zweckmässig und ersprieslich schien, auch in seine Darstel-
lung aufzunehmen, die auf diese Weise Manches enthalten
musste, was in der später, wie der Verf. lannimmt, auf die
dringenden Bitten des Herennius von Aelius bekannt gemach-
ten Anleitung (die eigentlich nur eine Zusammenstellung
oder Ueberarbeitung seiner mündlichen Vorträge enthielt)
natürlich sich wieder finden musste. Auch, meint der Verf.,
habe Aelius diese aus vier Büchern bestehende Anleitung
nicht auf ein Mal, sondern mit Unterbrechungen nach den
einzelnen Büchern nach und nach herausgegeben, so dass
die Erscheinung der zwei oder drei ersten Bücher gerade in
eine Zeit gefallen, in welcher Cicero’s Schrift De inventione
in ihren beiden ersten Büchern erschien. Daher habe Cicero
durch das unerwartete Erscheinen der Schrift des Aelius,
seines Lehrers, überrascht, sich bestimmen lassen, von der
weiteren Fortsetzung des angefangenen Werkes abzustehen,
tfa er die grosse Uebereinstimmung des Inhalts seiner Schrift.