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N» 50. HEIDELBERGER 1839.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Schleiermacher's System der Sittenlehre.
* ' ■
( Fortsetzung )
Hatte sich nun die subjective Vernunft zum Absolu-
ten gemacht, so war aus der Noth des Geistes nicht heraus
zu kommen; er ist vielmehr zu einem unendlichen, nie ari’s
Ziel kommenden Streben, zu einer Tantalus-Quaal verur-
theilt. Graben kann diese Vernunft nicht, und zu betteln
schämt sie sich. Der Widerspruch der Vernunft, die Wahr-
heit als ihr Wesen zu betrachten, und sie doch nie zu er-
reichen, treibt sie über diesen subjectiven Standpunkt hin-
aus; die subjective Vernunft geht über in die objective, die
Wahrheit, als ihr eigenes Selbstbewusstseyn missend. Spi-
noza ist hier der Ausgangspunkt. An ihn schliesst sich die
speculative Philosophie, welche im Gegensatz.zur blosen
Reflexions- oder Subjectivitäts- Philosophie die Erkennbar-
keit der 'Wahrheit behauptet. x Zur Erkenntnis« der Wahr-
heit bedürfen wir, sagt er, nur die wahre Idee, die uns inn-
vvohnen und das Wesen der menschlichen Vernunft selbst
seyn muss. Aus ihr bringen wir die Wahrheit wie auf ab-
solute Weise hervor. Wir wissen, wer dieses objective Ver-
nunftsystem auf seine höchste Spitze getrieben und die dia-
lektische, logische Vernunft zur absoluten Wahrheit ge-
macht hat.
Während diese abstracten Vernunft- Systeme die Natur-
Nothwendigkeit mit der Freiheit confundiren und so alles
Leben, die Wirklichkeit und das Princip derselben, Wille,
Freiheit und alle That läugnen, und an die Stelle eines rea-
len Processes einen blosen logischen Begriffszusam-
menhang setzen, war ein Freiheitsystem Zuerst in allge-
meinen Grundzügen hervorgetreten, welches sich die Auf-
gabe stellte: die Nothwendigkeit mit der Freiheit
zu versöhnen.
Schon Hamann hatte gegen jenes abstracte Nothwen-
digkeits-System gesagt: „Die Leute reden von Vernunft
XXXII. Jahig. 8 Heft. 50
 
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