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N°. 61. HEIDELBERGER

1839.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

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Schräder : Der Apostel Paulus 3. u. ö. Theih

(Besohl«/«.)


Wollte man aber auch statt Ueberzeugungstreue

> mit dem Verf. Glaubenstreue setzen, so wäre doch im-
mer deutlich hervorzuheben und daran festzuhalten, dass im
jftr N. T. nie als zu einem Seeligkeitsmittel zum Glauben an
gewisse Dogmen aufgefordert wird. Glauben bedeutet
= aus Vertrauen wahr achten. Auch das Vertrauen, wenn
, es nicht allzu willkürlich und zufällig seyn soll, muss auf
Gründen, die man gerne gelten lasse, also — auf
■ Ueberzeugung beruhen. So allerdings das Vertrauen auf
Jesus, als den, welcher die Messiasidee im höheren praktisch-
religiösen Sinn erfüllte. Jesus aber und das Urchristenthum
verbreitete nicht theoretische Dogmen, sondern allein prak-
tische Willenslehren. Diese werden dem Glauben ge-
geben als das, was aus Vertrauen auf Jesus als Christus
wahrzuachten und zu befolgen sey. So unglaublich diese
■j- Unterscheidung Denen scheinen muss, die den Dogmen-
glauben als Bedingung der seeligmachenden, gnädigen
Mittheilung einer zugerechneten Gerechtigkeit und Sünden-
c f verderbung irgend in ein System gebracht haben, so glaub-
lieh ist sie für die Zeit Jesu und der Apostel schon deswe-
gen,* weil bekanntlich das Judenthum kein Dogma hatte,
ausser dem Glauben, das Volk des Einen Gottes zu seyn,
also auch der im Pharisäismus ausgebildete Apostel der christ-
lichen Universalreligion dennoch nicht in der Angewöhnung
an einen zur Seeligkeit unentbehrlichen Dogmenglauben er-
wachsen war. Trotz der verschiedensten Dogmatik waren
Sadducäer und Pharisäer gleich sehr orthodoxe Juden und
Syndristen, wenn nur einer wie der andere die für mosaisch
geachteten Sittenvorschriften beobachtete. Deswegen wurde
damals, wie noch jetzt, von der Judenschaft der Messias
nicht als Entdecker überirdischer Verhältnisse oder Dogmen,
XXXII. Jahrg. 10. Heft. 61



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