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Schleiernmcher’s System der Sittenlehre.
weil Vertrag nur im Staate ist; ebenso wenig durch Usur-
pation, weil auch dem, der Unterthan wird, nichts genom-
men wird. Der Staat entsteht nicht willkührlieh, etwa durch
Beratschlagung. Die Basis des Staates ist die gemeinsame
Eigentümlichkeit. Den Staat b!os in eine ilechtsanstalt
verwandeln, heisse den ethischen Process rückwärts schrau-
ben. Durch den Staat entsteht zuerst die letzte vollständige
Form für Vertrag und Eigenthum in allgemein gültiger Be-
stimmung der Criterien ihres Daseyns und ihrer Verletzung.
Die Art und Weise des Gegensatzes zwischen Obrigkeit und
Unterthan ist die Verfassung des Staats. Veränderungen der
Verfassung müssen ein gemeinschaftlicher Act der Obrigkeit
und Unterthanen seyn. Geht sie blos von der Obrigkeit aus
und diese hat sich geirrt, so entsteht ein Schein von Ty-
rannei; geht sie blos von den Unterthanen aus, so entsteht,
bis sic gemeinschaftlicher Art geworden, der Schein der Re-
bellion. Die Verfassung, als die veränderliche Form des
Staats, macht nicht den Staat; der ist weit älter, als die
Constitution. Die innere Seite des Staates ist die im Bil-
dungsprocess sich manifestirende National-Eigenthümlichkeit,
die sich bei aller Veränderung der Verfassung gleich bleibt.
Der Fortschritt des ,Staats besteht in der gegenseitigen
Durchdringung beider. Das Bedürfnis des Staates nach
Vervollkommnung seines Daseyns bringt drei Arten natürli-
cher» Kriege hervor: Staatsbildende, Vereinigungs-Kriege,
Grenz-Kriege Otter Gleichgewichts-Kriege, und Bedürfniss-
Kriege oder Staatsvertheidigende. Die Vollendung ist: „kein
Volk ohne Staat ;u alle Staaten niederer Ordnung zu höhe-
ren Einheiten unter irgend einer Form verbunden, Staaten
und Völker sich deckend, alle in friedlicher Gemeinschaft zu
allgemeiner Vertragsmässigkeit und Freizügigkeit verbunden.
(Der Schlufe folg t.)
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Schleiernmcher’s System der Sittenlehre.
weil Vertrag nur im Staate ist; ebenso wenig durch Usur-
pation, weil auch dem, der Unterthan wird, nichts genom-
men wird. Der Staat entsteht nicht willkührlieh, etwa durch
Beratschlagung. Die Basis des Staates ist die gemeinsame
Eigentümlichkeit. Den Staat b!os in eine ilechtsanstalt
verwandeln, heisse den ethischen Process rückwärts schrau-
ben. Durch den Staat entsteht zuerst die letzte vollständige
Form für Vertrag und Eigenthum in allgemein gültiger Be-
stimmung der Criterien ihres Daseyns und ihrer Verletzung.
Die Art und Weise des Gegensatzes zwischen Obrigkeit und
Unterthan ist die Verfassung des Staats. Veränderungen der
Verfassung müssen ein gemeinschaftlicher Act der Obrigkeit
und Unterthanen seyn. Geht sie blos von der Obrigkeit aus
und diese hat sich geirrt, so entsteht ein Schein von Ty-
rannei; geht sie blos von den Unterthanen aus, so entsteht,
bis sic gemeinschaftlicher Art geworden, der Schein der Re-
bellion. Die Verfassung, als die veränderliche Form des
Staats, macht nicht den Staat; der ist weit älter, als die
Constitution. Die innere Seite des Staates ist die im Bil-
dungsprocess sich manifestirende National-Eigenthümlichkeit,
die sich bei aller Veränderung der Verfassung gleich bleibt.
Der Fortschritt des ,Staats besteht in der gegenseitigen
Durchdringung beider. Das Bedürfnis des Staates nach
Vervollkommnung seines Daseyns bringt drei Arten natürli-
cher» Kriege hervor: Staatsbildende, Vereinigungs-Kriege,
Grenz-Kriege Otter Gleichgewichts-Kriege, und Bedürfniss-
Kriege oder Staatsvertheidigende. Die Vollendung ist: „kein
Volk ohne Staat ;u alle Staaten niederer Ordnung zu höhe-
ren Einheiten unter irgend einer Form verbunden, Staaten
und Völker sich deckend, alle in friedlicher Gemeinschaft zu
allgemeiner Vertragsmässigkeit und Freizügigkeit verbunden.
(Der Schlufe folg t.)
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