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930

Schräder: Der Apostel Paulus. 3. n. 5. Theil.

B. veranlasst an Kräftigkeit zu denken, an das,
was Gefallen erweckt.
Im moralisch umfassenden Sinn genommen, veranlasst
das Wort Rechtschaffenheit doppelt an das dem
wahrhaft guten Cemüthszustand wesentliche zu denken.
In diesem Zustand der Gesinnung ist das Gemüth gerich-
tet auf das Rechte, und zwar so, dass es das Rechte
schaffen, d. i. durch freies, kräftiges Wollen hervorbrin-
gen möchte. Daher ist dieses Wort, als Zeichen dessen,
was im Gemüth werden soll, vornehmlich passend.
Nicht nur von der juridischen Gerechtigkeit, dem
äusserlichen Gewähren der Rechte als jura, sondern auch
von der moralisch-spezielleren Gerechtigkeit, als
der Pflichterfüllung gegen gegründete Ansprüche Anderer,
wohl unterschieden, bedeutet die religiöse, besonders neute-
stamentliche dixouoavvri universell den Gemüthszu-
stand, seyn zu wollen so recht, wie man seyn soll,
also den Gemüthszustand der Rechtschaffenheit (Matth.
5, 6. 20. auch 6, 1.) als der Gesinnung, das Rechte
schaffen. Durch Schaffen nemlich bezeichnen wir die
hauptsächlich vom Wollen ausgehende Kraftthätigkeit, etwas,
zu weil man es will, zu verwirklichen. Kein Wort kann leicht
volksverständlicher und aufregender gemacht werden, als das
so wichtige ächtdeutsche Wort Rechtschaffenheit, ver-
bunden mit der Erklärung, dass es nicht mit dem äussern
Recht und der bürgerliehen Unklagbarkeit sich begnüge,
sondern zum Wollen und Vollbringen dessen auffordere, wor-
über man, um es als das Rechte anzuerkennen, die genü-
gendsten Mittel der Einsicht angewendet hat. Wer nämlich
in der Gesinnung lebt, das Rechte in all seinem einzelnen
Wollen und Wirken schaffen zu wollen, der kann nicht
anders, als zunächst auch den Willen haben und ausüben,
was für jeden Fall das Rechte sey, theils zum voraus, theils
nach Umständen und Verhältnissen richtig zu wissen.
Und nur dieses Wollen und Wissen ist vereint die Recht-
schaffenheit, wie Gott sie hat und will, die dixaio-
awrj Seov Matth. 6,33., durch welche, wenn sie in jedem Ein-
zelnen regiert, der höchste Zweck des Urchristenthums, ein
Reich Gottes, eine gottgehorchende Weltordnung erstrebt
werden kann.
Diese Hauptbedeutung von Sixcuoown vot? Seo« Köm. 9, 4.
 
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