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v. Lasaulx: Der Untergang des Hellenismus.

Standpunkt nie verlassenden Geschichtschreibers geschehen ist, der von
seinem objectiv römischen Standpunkte aus zwar richtig, aber in
völliger Verkennung des christlichen, über allen Völkerparticulismus
der heidnischen Welt erhabenen, allen Völkern gemeinsamen und
alle mit gleicher Liebe umfassenden Elements, den Christen ein
„odium humani generis“ d. h. (wie der Verf. S. 8 die Stelle auf-
fasst} „eine allen übrigen (heidnischen Völkern) entgegengesetzte
Glaubens- und Lebensweise“ zuschreibt. Dieser Anschauungsweise
traten freilich die christlichen Apologeten mehrfach in Wort und
Schrift entgegen, noch mehr wirkte aber die That, die opferbereit-
willige Hingebung so vieler Christen, die den Märtyrertod erlitten
und so durch die That den Einfluss christlicher Ideen bewährten,
dadurch aber selbst den Gegnern Achtung einflösslen. Nach einem
Blick auf die verschiedenen Verfolgungen der Christen unter den
heidnischen Kaisern wendet sich nun der Verf. den verschiedenen
mit dem Anfänge des vierten Jahrhunderts (311—313) eintreten-
den gesetzlichen Bestimmungen zu, durch welche die Christen mit
der freien Ausübung und Duldung ihrer Religion auch eine recht-
liche Stellung gewinnen, die das bereits innerlich errungene Ueber-
gewicht des Christenthums über das antik heidnische Wesen auch
äusserlich befestigte und bald naturgemäss dahin führen musste,
dem Christenlhum auch äusserlich dieses Uebergewicht zuzuwenden,
damit also den Sieg desselben zu vollenden, der durch eine Reihe
von weiteren Verfügungen, die sich auf die christliche Kirche, deren
Verehrer und Bekenner u. s. w. erstreckten, immer näher gerückt,
mit dem offenen Uebertritt des Constantinus im Jahre 324 erreicht
ward. Von nun an tritt das entgegengesetzte Verhältniss ein: die
alte Religion soll nicht blos nicht mehr geduldet, oder gleichmässig
neben der neuen Lehre bestehen, sie soll vielmehr völlig beseitigt,
und selbst durch Anwendung von Gewalt unterdrückt werden. In-
dem der Verfasser das, was wir hier nur summarisch angedeutet,
im Einzelnen näher ausführt, unterwirft er noch insbesondere den
Character des Constantinus und dessen Maassnahmen in Bezug auf
die christliche Religion einer sorgfältigen Würdigung (S. 35 ff.).
Dass es politische Motive waren, welche den Kaiser dabei leiteten,
erscheint allerdings äusser Zweifel; individuelle Motive reichen
hier nicht aus. Der innere wie äussere Zerfall der alten, die frische
unzerstörbare Lebenskraft der neuen Religion musste den Kaiser,
der Einsicht genug besass, um diese Verhältnisse zu begreifen, von
der Nothwendigkeit überzeugen, den Aufbau seines Reichs auf die
Grundlage der neuen Religion zu stützen; er adoptirte, wie der
Verf. S. 36 bemerkt, auf diesem durch die Natur der Dinge gege-
benen neuen Standpunkt, nur die altern Traditionen seiner cäsari-
schen Vorgänger. Und wie er in diesem Sinn auch die Gründung
einer neuen Hauptstadt an der Scheide Europa’s und Asiens unter-
nahm, wird näher ausgeführt. Mit Constantin ist der eigentliche
Uebergang aus der antiken Welt in die neue christliche bezeichnet,
 
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