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Nr. 44.

HEIDELBERGER

1854.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

v. Lasaulxt Der Untergang des Hellenismus.

(Schluss.)
Der Verfasser beginnt mit Tiberius und dessen angeblichen
Versuch, Christum unter die Zahl der im römischen Cult verehrten
Götter aufzunehmen: ein Beginnen, so seltsam es auch auf den
ersten Anblick erscheinen mag, doch so ächt römisch, mit der gan-
zen römischen Politik, wie wir sie noch aus den Zeiten der Repu-
blik kennen, und durch ähnliche Beispiele dieser Zeiten bewährt
finden, so übereinstimmend, dass die Wahrheit dieser von Tertullian
überlieferten Nachricht kaum bezweifelt oder beanstandet werden
kann, zumal wenn wir an die Person des mit theilnamlosem Blick
allen Culten zugewendeten, sie nur von dem Standpunkt der Staats-
politik würdigenden Kaisers denken, der dabei klug genug war, die
Bedeutung des neuen Elements für alle folgenden Zeiten zu erken-
nen und einem für seine Herrschergewalt nachtheiligen Einfluss auf
diese Weise zuvorzukommen suchte. Die Assimilation anderer (heid-
nischer) Culte mit der römischen Staatsreligion konnte aber in Be-
zug auf das Christenthum bei dessen monotheistischer Richtung und
innerlichem, entschiedenen Gegensatz gegen allen heldischen Poly-
theismus, keine Anwendung erleiden; und es kann uns daher nicht
befremden, wenn ein solcher Antrag, Christum unter die zu Rom
verehrten Götter aufzunehmen, die Billigung des römischen Senats
nicht erlangen konnte. „Das Christenthum (bemerkt S. 7 ganz
richtig) war in Wahrheit innerlich offensiv, das Heidenthum ihm
gegenüber nur äusserlich defensiv, und die römischen Senatoren,
wie die meisten vorconslantinischen Kaiser handelten nur ihrer po-
litischen Stellung gemäss und ganz in dem Geiste, durch welchen
Rom gross geworden war, wenn sie die religiöse Neuerung, die
im Christenthum sich geltend machte, überall da, wo sie offen her-
vortrat, bekämpften; sie mussten aber freilich in diesem Kampfe
zuletzt und nothwendig unterliegen, weil sie einem höheren welt-
geschichtlichen Recht nur das römische Staatsrecht entgegenzu-
setzen, eine innere geistige Macht nur mit äusseren materiellen
Waffen zu bekämpfen vermochten“ — eine Wahrheit, die sich
in dem Leben der Völker alter und neuer Zeit mannichfach
bewähret hat. Von diesem Standpunkte aus findet auch das Ur-
theil des Tacitus über die Juden und das aus ihnen hervor-
gegangene Christenthum seine hinreichende Erklärung, ohne dass
wir andere, irgend welche Motive anzunehmen nöthig haben, wie
diess vielfältig in diesem Falle von Verehrern wie von Gegnern des
grossen, aber durchaus römisch gesinnten, und den römischen
LXYII. Jahrg. 5, Doppelheft. 44
 
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