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Gerhard: Griechische Mythologie.

beziehe, welchen man mit Stieren und Widdern geehrt habe. Seile
252 nennt der Verf. die Skira und Oschophoria ein Herbstfesl; allein
jene wurden im hohen Sommer, am 12. Skirophorion, gefeiert, und
diese, ein Aufzug mit Rebschossen, von Corsini ohne zureichenden
Grund von jenen getrennt, waren damit verbunden. S. 280 wird
Griechisches und Römisches vermischt, wenn es heisst, dass der
Phallus und der Esel der Heslia heilig seien. S. 321 steht der
Satz: „Ein Trauerfest fand am zweiten Tage der Hyakinthien statt“,
in Widerspruch mit dem S. 318: „Die spartanischen Hyakinthien
waren dreitägig, einen Freudentag zwischen zwei Trauerlagen um-
fassend.“ In Wahrheit war nur der erste Tag ein stiller Trauer-
tag, an welchem man des frühe verstorbenen Heros gedachte, die
zwei nachfolgenden waren geräuschvolle Freudentage zu Ehren Apol-
lons. S. 379 Note 4 wird die Gleichsetzung der Dione mit ihrer
Tochter Aphrodite nicht, wie der Verf. angibt, durch Theokrit II,
7. 116, sondern äusser Servius durch Chrysippus (bei Jo. Lydus
de mens. p. 212} bezeugt. S. 421 heisst es, die Chalkeia seien
späterhin zu Panalhenäen erhoben worden.- beide aber waren immer
gesonderte Feste, jene im Pyanepsion, diese im Hekatombäon. Seite
460 u. 461 Note 4 setzt er die Thesmophorien in den Monat Pya-
nepsion und die Eleusinien einen Monat später in den Boedro-
miori: bekanntlich aber ging der Boedromion dem Pyanepsion vor-
her und eben so die Eleusinien den Thesmophorien. S. 484 Note 4
zählt der Verf. die ionische Stadt Teos zu den äolischen.
Wenn ich hierauf den andern Massstab höherer Kritik an
dieses Buch legen darf, so geschieht es nicht sowohl, um dasselbe,
das die Mängel seiner Zeit an sich trägt, in Schatten zu stellen, als
in der Absicht, der Bearbeitung der Wissenschaft selbst einen mit-
telbaren Dienst zu leisten. Unser Verf. beabsichtigte wohl selbst
keinen wissenschaftlichen Fortschritt, er stellt keine neuen Unter-
suchungen an und hellt dunkle Partien nicht auf. Aber wie sehr
diess Noth Ihue, wie wenig die Mythologie eine abgeschlossene sei,
und wie die vorliegende Arbeit hohem Anforderungen durchaus
nicht genüge, will ich kürzlich nachweisen, ob sie sich gleich mit
dem Vorgang ihrer Schwestern entschuldigen und ebenbürtig in ihren
Chor eintreten kann. Die Anordnung des Stoffes, die erste Be-
dingung einer wissenschaftlichen Behandlung, ist eine rein zufällige,
wodurch nothwendig Alles unter einander geworfen wird. Zuerst
werden eilf olympische Gottheiten, sodann die zwölfte, Demeter,
als chthonische nebst Kora und Dionysos und zuletzt eine bunte
Schaar vermischter Gottheiten, als Helios, Eos, Selene, Eros,
Prometheus, Asklepios, Winde, Harpyien, Okeanos, Nereus, Hekate,
Charon, die Gräen, Themis u. dergl., abgehandelt. Diese Einthei-
lung widerspricht geradezu der Iliade (θ', 187} und der Theogonie
(v. 117}, wornach alle Götter als einen Staat bildend die Erde und
den Olymp gemeinschaftlich haben.
(Schluss folgt.)
 
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