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Fichte’s Leben und Briefwechsel.

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die Vorlesungen in dieser Sprache gehalten, in ihr gedacht wur-
den.“ Es könne diese Sprache „in ihrem ausschliessenden Ge-
brauche“ „nur durch ein gewisses Nichtachten auf den Fortgang
der Zeiten und durch ein Beharren bei dem Hergebrachten zum
grossen Nachtheil der Wissenschaft selbst“ beibehalten werden. Die
lateinische Sprache habe längst aufgehört, „die Sprache der Wissen-
schaft zu sein.“ Die Disputationen hält die Fakultät nur dann für
ein treffliches Mittel, Kenntniss, Gewandtheit und Geistesgegenwart
zu zeigen, wenn sie „in derjenigen Sprache, in der man bisher
sein wissenschaftliches Leben betrieben, keineswegs aber in einer
fremden gehalten werden.“ Weil sie aber bei den deutschen Dis-
putationen „unnöthiges Geschwätz, Unanständigkeit u. dgl. vorher-
sieht“, so trägt sie auf „Abschaffung der öffentlichen Disputations-
acte“ an (S. 104). Fichte „verlangt in einem Separatvotum den
Nachweis der alten klassischen Bildung der Studirenden, welche
sich der Doctorprüfung unterziehen wollen. In einem Nachtrage
schlägt die Fakultät nach der Eintheilung der Wissenschaften in
derselben die Prüfung und Ernennung von Doctoren „1) der eigent-
lichen Philosophie, 2) der Mathematik, 3) der Naturwissenschaft,
4) der Geschichte, 5) der Philologie, 6) der Staatswissenschaft“
vor (S. 109). Man sieht aus allen die Universität Berlin betreffen-
den Schreiben Fichte’s, wie ernst er es mit der akademischen
Disciplin und dem wissenschaftlichen Geiste der Studirenden nimmt.
Trefflich ist sein Gutachten über einen ihm vorgelegten Plan zu
Studentenvereinen im Jahre 1811. „Der eigene und selbständige
Grundmensch, heisst es in demselben S. 133, ist ein Deutscher,
der als Nachbild eines andern lebendigen Seins in der Mitwelt odei’
Vorwelt Gebildete ein Fremder, Glied eines Ganzen, in welchem
er nicht ist oder welches überhaupt vielleicht nicht mehr ist.“
Grundsätze der Bildung eines solchen selbständigen und deutschen
Mannes sind, 1) „dass beides, Körper und Gemüth, auf die gleiche
Weise ausgebildet werde, 2) dass diese beiden für sich genommen
auch allseitig ausgebildet werden.“ Der „Körper soll zur Führung
der Waffen unseres Jahrhunderts“, zum „Laufen, Ringen, Schwim-
men“, der Wille „zu Festigkeit, Wahrheit, Treue“ ausgebildet wer-
den. Wer den Beruf nur einseitig fasst, ist „weder ein Deutscher
noch ein Studirter.“ „Es würde gut sein, wenn diese Grundsätze
ausdrücklich mit Beziehung auf Erhaltung des deutschen Volkes
ausgesprochen würden, und die Studirenden aller deutschen Univer-
sitäten zur Ausübung derselben sich vereinigten und zur Verbreitung,
Aufrechthaltung und gegenseitigen Nachhülfe darin eine gesell-
schaftliche Verbindung gründeten.“ — „Wesentlich wäre es, dass
dieser deutsche Bund auf allen Universitäten das Grundgesetz halte,
dass bewaffneter Widerstand oder überhaupt Widersetzlichkeit im
Falle der Annäherung oder des Einrückens fremder Truppen in
eine deutsche Universitätsstadt durchaus nicht geduldet würde.“
 
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