Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
738

Gut: Der Ueberfall von Nidwalden.

Der Verfasser derselben ist ein einfacher Dorfkaplan in dem
Flecken, welcher durch die geschilderten Ereignisse vorzüglich be-
troffen wurde. Die Liebe zum Vaterlande liess ihn, bei beschei-
denem Einkommen, die Summe von 3000 Frcs. nicht scheuen, um
seinen reichhaltigen und fleissigen Sammlungen — das Buch hat
748 S. in gr. 8 und einen Anhang von 100 S. — durch Selbst-
verlag das Erscheinen vor der Oeffentlichkeit zu ermöglichen.
Er war durch seinen Aufenthalt und seine Stellung ganz vor-
züglich geeignet, die mündlichen Ueberlieferungen nicht nur zu
sammeln, sondern auch zu prüfen und den hin und wieder in den
Archiven liegenden Aktenstücken nachzuspüren.
Mit Berücksichtigung des letztem Umstands löset sich wohl
auch die Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, diese Geschichte
zu beschreiben „allsogleich an des Tages Abend“, als jetzt, nach-
dem Jahre, ja zwei Menschenalter vorübergegangen? — Wie aber
dann, in unserer rechnenden Zeit, in welcher die Ziffern fast zur
Hauptsache der Geschichtschreibung gerechnet werden, wie diese
Ziffern herbeibringen, frei von Irrthum, ohne langem Zeitaufwand?
Zudem aber, wer, dem das selten beneideuswerthe Loos ge-
worden, Theil zu nehmen an folgenschweren Ereignissen — ver-
ändert nicht manche Ansicht, wenn die Leidenschaften vertobt
haben, alle Blendwerke des Eigendünkels durch die unerbittliche
Wirklichkeit zerstäubt worden sind und gegenseitiger Austausch
von Gedanken gar Vieles erläutert, berichtigt hat? Auch das ver-
dient in die Waagschale gelegt zu werden, dass, wer alsbald nach
dem Ereigniss die Feder ergreift, selten von dem wenig lobens-
werthen Trieb ganz frei ist, den Karl von Stein mit dem gelinden
Worte der Absichtlichkeit belegt.
Wir dürfen daher’ wohl eine so treue, mühsame, von ächter
Vaterlandsliebe getragene Arbeit ungeachtet ihres späten Hinaus-
tretens in die Oeffentlichkeit dankbar begrüssen. Wir sind auch
weit entfernt, dass, namentlich im Anhang wenig anderes verzeich-
net ist, als Thatsachen und Eigennamen. Namentlich wegen letzte-
rer ist das Verdienst des Verfassers zu betonen; denn Ziffern ohne
Namen geben kein lebendiges Bild, und viel zu wenig berücksich-
tigen viele Darsteller von Kriegsgeschichten unserer ^eit Göthe’s
schönes Wort: „dem Menschen ist der Mensch immer das Interes-
santeste.“ Auch das wollen wir zum Schlüsse an der Darstellungs-
weise des Verfassers loben, dass der Leser nicht mit einem Ueber-
maasse von Noten belästigt wird, die den Genuss stören, die Augen
ermüden und selbst dem Setzer zur Qual gereichen.
Was den Gegenstand der Darstellung betrifft, so schildert
das Buch ein Völklein von 7000 Menschen jedes Alters und Ge-
schlechtes im Augenblicke, da Frankreich dasselbe mit der Ge-
sammtschweiz zu einer proconsularischen Provinz zu machen im
Begriffe ist.
Unverzagt tritt es der „Grossen Nation“ entgegen, die soeben
 
Annotationen