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Weisse: Rede zum Andenken Fichte’s*.

liehen.“ Die sittliche Weltordnung, mit welcher Ficht e Gott be-
zeichnete, und die zu dem bekannten Atheismusstreite Veranlassung
gab, hat in seinen spätem Schriften eine „unanstössige“ Deutung
erhalten. Sie ist „ein in sich einiger, lebendiger und freier Geist,
dessen innerstes Wesen das Gesetz, das sittlich Gute und zugleich
die Freiheit, die freie Schöpferkraft uud Schöpferthätigkeit ist,
durch die er eine Welt, eine Welt freier, seiner eigenen, ewigen
Natur theilhaftiger Geister aus sich hervorgehen lässt“ (S. 21). Die
so genannte neue oder verbesserte Wissenschaftslehre Fichte’s ist
keine Wandlung seiner Gesinnung, kein Abfall von seiner früher ge-
wonnenen Ueberzeugung. Durch die „reinste Folgerichtigkeit des
Denkens“ kam er auf seine spätere Lehre. Das Ausgehen vom Ich
als Einzelwesen führte zuletzt zum allgemeinen oder Urich, „dem
Geiste der Geister“, oder „zur Idee des Absoluten.“ Die letzte
Lehre liegt schon im Hintergründe seiner frühem Darstellung. So
hat seine Lehre trotz der atheistischen Verketzerung schon von
Anfang an einen religiösen Charakter „ohne den Auctoritätsglauben
oder den Dogmatismus einer einzelnen theologischen Schule.“ Immer
blieb „der Freiheitsbegriff“ der „Lebensathem“ seines Systems.
Er fand seine philosophische Grundanschauung „in der reinen
geschichtlichen Urgestalt des Christenthums, in der erhabenen Per-
sönlichkeit seines Stifters.“
Ref. schliesst die Anzeige dieser in allen Theilen gelungenen
Rede mit den Sc hi 11 er’s und Fichte’s Stellung zum deut-
schen Volke kennzeichnenden Worten des Herrn Verfassers (S. 12
und 13): „Wohl kann und soll das Zeitalter, kann und soll das
deutsche Volk, wie sein Instinct schon es so glücklich dahin ge-
leitet hat, auch fernerhin Stärkung, Läuterung und Erhebung suchen,
wie für sein Gemüth, für sein sittliches Streben überhaupt, so auch
für sein Freiheitsstreben, für die harten und schweren Kämpfe
seines öffentlichen Lebens in dem begeisterten .Hinblick auf jene
theuern Männer; es soll sich fort und fort anwehen lassen von
ihrem Geiste, der, so lange er in den Deutschen fortlebt, ihnen
stets eine Bürgschaft sein wird, dass auch in diesen Kämpfen das
Gute, das Rechte zuletzt siegen wird über das Verkehrte und
Schlechte, nicht nur, was dem Freiheitsstreben entgegensteht, son-
dern auch, was in seinem Gefolge sich einfindet, und seine Rein-
heit, seine Lauterkeit trübt. So lange in dem Herzen des deutschen
Volkes die Liebe, die Verehrung für einen Schiller, für einen
Fichte nicht erlischt; so lange ist Grund da zu der Hoffnung,
dass der Realismus der Gegenwart die Bande, die ihn mit einem
echten und edeln Idealismus verknüpfen, noch nicht verloren hat;
so lange dürfen wir diesen Realismus, dürfen wir den Realismus
des deutsch-nationalen Freiheitsstrebens noch für einen gesunden
achten und der festen Zuversicht leben, dass neben ihm auch alle
idealen Strebungen echter Art den ihnen gebührenden Platz be-
haupten werden.“ v. EleichBiHi-lIeldegx.
 
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