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928

Carus: Natur und Idee.

male Sphäre mit dem höchsten Gebilde, dem Nervensystem her-
vortritt, und 3) als drittes die höchste Strahlung der sich darleben-
den Idee erscheint, welche psychischer oder spiritueller Organis-
mus heisst.
Das Wort „Idee“ ist die Bezeichnung für dasjenige, was an
und für sich überhaupt nur mittelst einer bildlichen Hindeutung
sich ausdrücken lässt. Dazu ist aber nöthig, dass die Möglichkeit
einer sich concentrirenden Innervation gegeben, und 2) dass aus
dem Zusammenwirken einer Vielheit solcher gesteigerten Inner-
vationen eine Uebereinkunft zu Stande gekommen ist, bestimmten
innerlichen Spuren von Sinneseindrücken die Bedeutung von Aeqni-
valenten (Worten) zu geben, „woran sich das geistige Urbild gleich-
sam spiegeln, und in seinen verschiedenen Modulationen sich ver-
körpern kann, mit einem Wort, dass eine Sprache sich gestaltet
hat“ S. 454. Die Sprache nennt der Verfasser die eigentliche
Stimme der Menschheit; in ihr findet er die genetischen Verhält-
nisse der Psyche. Er polemisirt gegen diejenigen Philosophen,
welche vom Ich ausgehend nach abwärts hinunter das philoso-
phische System zu construiren versuchte; er erklärt, unser Denken
habe seinen zuverlässigsten Führer an dem, was über den geneti-
t.ischen, rein gesetzmässigen Gang aller organischen Entwicklung
vollständig erfasst werden kann. Hiemit verlangt er aber, dass stets
in dem Höheren das vorhergehende Niedere nochmals und zwar in
eigener’ innerer Steigerung wiederholt, werde. Nachdem er in den
hier vorausgeschickten Sätzen die Grundzüge der Gliederung des
psychischen Lebens an sich schon deutlich vorgezeichnet hat, be-
gründet er zuletzt noch, wie auch in der Psyche aus der Zweiheit
die Dreiheit hervorgeht, innerhalb der Zweiheit von Empfinden und
Gegenwirken (== Wollen) die ursprüngliche Einheit (in der Er-
kenntniss als der dritten Strebung). Zu S. 459 gibt er ein Schema
der psychischen Persönlichkeit des Menschen, welches ihn auch
noch auf der folgenden Seite beschäftigt. Es ist mit der Veran-
schaulichung geistigen Getriebes durch Zeichnungen eine eigene
Sache. Geistreich erscheinen dergleichen Versuche immer; aber
es ist die Frage, ob sie wissenschaftlich berechtigt sind. Anders
wäre es, wenn sich lediglich um anatomische Probleme handelte.
Qualitative Vorgänge lassen sich, weil sie das Objekt einer Vivi-
section sind, nur beschreiben.
(Schluss folgt.)
 
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