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Semmig: Geschichte der französischen Literatur.

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Allem diesem geht eine Uebersicht über die celtischen Sprachreste
S. 9—22 voran, wo das celtische Alphabet, die Declinätion, V erbal-
geschlechter, Zahlen, Constructionsweisen besprochen werden. Der
Verfasser lässt (S. 67) keinen Zweifel darüber, dass das Celten—
thum seinem Untergange entgegengeht, wie denn statt der dichte-
rischen Gebilde einheimischer Dichter die Ausgeburten der moder-
nen französischen Theaterfabrikanten in Morlair ins Bretonische
übersetzt in Scene gesetzt werden, jene Melodramen, welche auf
Kunst und Gefühl gleich verderblich wirken. Die Celten sind das
eigentliche Stammvolk des heutigen Frankreichs (S. 9), aus denen,
unter dem Einflüsse altrömischen Staatslebens, christlicher Ideen,
und germanischer Einfälle, die französische Nationalität hervorge-
wachsen ist (S. 67), Der Verf. widmet der getrennten Betrachtung
dieser drei Punkte die Seiten 67'—84, nämlich dem Einfluss des
kaiserlichen Rom’s 67 — 7 2, dem Einfluss des kirchlichen Christen-
thums 72—77, dem Einflüsse Karl’s des Grossen und der Franken-
herrschaft die übrigen Seiten. Wir verweisen noch kurz auf seinen
Satz (S. 83), dass die französische Literatur, wie der französische
Staat erst mit den Capetingern, der ersten wirklich französischen
Dynastie beginnt, dass es die Sprache des Nordens, die langue
d’oeil, war, der die weichere, durch-den milden südlichen Himmel
früh gezeitigte langue d’oe zuletzt weichen, oder in der sie unter-
gehen musste. Verlassen wir diese Seiten, auf welchen der Ver-
fasser manche übrigens überraschende, die geschichtliche Bedeutung
Frankreichs aufhellende Gedanken beibringt, um nun zu seiner eigent-
lichen Geschichte der französischen Literatur im Mittelalter über-
zugehen !
Der Verf. beginnt seine Geschichte mit einer Betrachtung über
die Entstehuag und Bildung der romanischen Sprachen, insbeson-
dere der französischen, und erwähnt (S. 97) des ältesten Denkmals
derselben, nämlich des Schwur’s Ludwig des Deutschen vom Jahr
872, wobei er eine Bemerkung macht, die wichtig genug ist, um
sie hierher zu setzen. „Während die deutsche Schriftliteratur, sagt
er, mit einer Bibelübersetzung, der des Ulfilas, beginnt, ist das erste
Denkmal der französischen Sprache ein p o lit i s ch es Document....
der französische Geist ist verständig realistisch, auf das Nahe und
Fassbare gerichtet; die ersten Worte, mit denen er sich auf die
Tafeln der Geschichte cinschreibt, sind politische, sie künden an,
dass, dass er den modernen Staat gründen wird. Selbst aus der
Reformation macht er einen politischen Streit, aber in französischer
Sprache auch proclamirt er die Menschenrechte.“
Die geschichtliche Betrachtung der mittelalterlichen Literatur
zerfällt bei dem Verf. alsdann in die Geschichte des Epos (100 —
135), die Geschichte der Troubadourpoesie (155—299), und in
die Geschichte der Wissenschaft im Mittelalter (299—368). —-
Die einzelnen Abtheilungen des epischen Abschnittes sind:
„der karolingische Sagenkreis“ , „die Arthussage“, „die antiken
 
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