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Strack, Friedrich [Editor]; Becker-Cantarino, Barbara [Editor]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Editor]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

DOI issue:
I: Romantische Erfahrung und poetische Innovation
DOI article:
Schultz, Hartwig: Eichendorff als 'Erfinder' der Heidelberger Romantik?
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0086

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Eichendorff als Erfinder* der Heidelberger Romantik?

HARTWIG SCHULTZ

Die Schriften Joseph von Eichendorffs enthalten Texte zu Heidelberg und seiner
Romantik, die bis heute unsere Vorstellung der Heidelberger Romantik mitbe-
stimmen. Eichendorff, der im Bewusstsein der Öffentlichkeit neben Heinrich
Heine als einziger Dichter der Romantik noch lebendig ist, sieht bereits im
Stadtbild eine blühende Romantik. In seiner „Betrachtung" über Halle und Hei-
delbergheißt es: „Heidelberg ist selbst eine prächtige Romantik; da umschlingt
der Frühling Haus und Hof und alles Gewöhnliche mit Reben und Blumen, und
erzählen Burgen und Wälder ein wunderbares Märchen der Vorzeit, als gäb' es
nichts Gemeines auf der Welt."1 Dazu passt die Beschreibung eines „einsiedle-
rischen Zauberers" und zwei ihm beigesellten „fahrenden Schülern", die nach
seiner Darstellung die romantische Bewegung in Heidelberg tragen, nament-
lich: Joseph Görres, Achim von Arnim und Clemens Brentano: „Es hauste dort
ein einsiedlerischer Zauberer, Himmel und Erde, Vergangenheit und Zukunft
mit seinen magischen Kreisen umschreibend - das war Görres", schreibt er
zunächst, und dann heißt es: „Neben ihm standen zwei Freunde und Kampf-
genossen: Achim von Arnim und Clemens Brentano, welche sich zur selben
Zeit nach mancherlei Wanderzügen in Heidelberg niedergelassen hatten. Sie
bewohnten im ,Faulpelz', einer ehrbaren aber obskuren Kneipe am Schloßberg,
einen großen luftigen Saal, dessen sechs Fenster mit der Aussicht über Stadt
und Land die herrlichsten Wandgemälde, das herüberfunkelnde Zifferblatt des
Kirchturms ihre Stockuhr vorstellte; sonst war wenig von Pracht oder Hausge-
rät darin zu bemerken. Beide verhielten sich zu Görres eigentlich wie fahrende
Schüler zum Meister, untereinander aber wie ein seltsames Ehepaar, wovon
der ruhige mild-ernste Arnim den Mann, der ewig bewegliche Brentano den
weiblichen Part machte."2

Die Darstellung wirkt wie ein Augenzeugenbericht, und es besteht ja auch
kein Zweifel: Die Brüder Eichendorff kamen 1807 als Studenten nach Heidel-
berg und hatten nichts Eiligeres zu tun, als sogleich ihren Hochschullehrer
Joseph Görres aufzusuchen. In Eichendorffs Aufsatz findet sich denn auch eine
Beschreibung von Görres' Auftritten, der in seinen Vorlesungen unter anderem

1 Eichendorff 1993,430.

2 Ebd.,43if.
 
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