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Strack, Friedrich [Hrsg.]; Becker-Cantarino, Barbara [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

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II: Volksdichtung und ihre romantische Poetisierung
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Ziolkowski, Theodore: August Bockh und die "Sonnettenschlacht bei Eichstädt"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0229

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Theodore Ziolkowski

des Sonetts eingehend analysiert und die in Deutschland immer noch fremd-
wirkende Form als einen „Gipfel in der Konzentration" gelobt.13

Unter Schlegels Einfluss brachten die jungen Romantiker eine wahre Flut
von Sonetten hervor: unter anderen Novalis (in der „Zueignung" zu Heinrich
von Ofterdingen), Ludwig Tieck, Friedrich Schlegel, Adelbert von Chamisso,
Karoline von Günderode, Theodor Körner, Otto Graf von Loeben und Zachari-
as Werner. Wenn Böckh also in diesen Jahren ein griechisches Sonett verfasste,
so musste diese bewusste Aneignung der modischen Gattung der Romantiker
in Verbindung mit der klassischen Sprache fast als Provokation wirken. Wie
kommt ein angehender klassischer Philologe dazu?

August Böckh - der zweite Vorname Philipp, der manchmal noch irrtümli-
cherweise vorkommt, stammt von der Anstellungsurkunde, die 1807 in Heidel-
berg ausgefertigt wurde und deren Schreiber die Bezeichnung „Dr. phil. August
Böckh" falsch gelesen hat14 - ist 1785 in Karlsruhe geboren und hat dort in dem
hervorragenden Gymnasium illustre 1791-1803 seiner späteren wissenschaftli-
chen Ausbildung einen festen Grund gelegt: nicht nur in alten Sprachen, römi-
scher Geschichte und lateinischen Disputationen über philosophische Fragen,
sondern auch in Mathematik (die ihm später bei seinen Studien über grie-
chische Metrologie, Chronologie und Astronomie zum Nutzen gereicht hat)
und als angehender Theologe bei Johann Peter Hebel in Hebräisch und sogar
Arabisch. Im April 1803 ging der Klassenprimus mit einem Stipendium der ba-
dischen Kirchenbehörde als Candidatus theologiae nach Halle - teils von dem
in Jena berüchtigten Rationalismus abgestoßen und teils von dem Ruhm Fried-
rich August Wolfs angelockt. Während der drei Hallenser Jahre entschloss sich
Böckh vollends für die klassische Philologie - anfangs unter dem gewaltigen
Eindruck Wolfs, aber zunehmend mehr angezogen von dem jungen Dozen-
ten Schleiermacher, dessen Plato-Studien auf den Studenten einen mächtigen
Einfluss ausübten.

Daneben aber begeisterte sich Böckh für die neuesten Entwicklungen in der
deutschen Literatur, deren Kunde nicht nur von dem Schlegelfreund Schleier-
macher aus Jena und Berlin nach Halle gebracht wurde, sondern auch von dem
jungen dänischen Naturphilosophen Henrik Steffens, der in Halle die Schel-
ling'sche Philosophie vortrug. Noch dreißig Jahre später erinnerte sich Böckh,
wie er „in meiner Jugend von Ihnen mit jener Begeisterung erfüllt worden, die
aus der Tiefe Ihrer Seele hervorquillend den empfänglichen Zuhörer mit ma-
gischer Gewalt ergreift".15 Dass die Schriften des jüngst verstorbenen Novalis
dabei eine Rolle spielten, bezeugt ein Zitat, das ein Studienfreund in Böckhs

13 Schlegel 1965,4:184-194, hier 193.

14 Hoffmann 1901,2 Anm. 1.

15 Zur Begrüßung des Herrn Steffens als neu eingetretenen Mitgliedes der Königlichen Preußi-
schen Akademie der Wissenschaften am 9. Juli 1835, in: Böckh 1859,2: 216-217.
 
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