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Heidelberger Volksblatt (7) — 1874

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Nr. 26 - Nr. 34 (1. April - 29. April)
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ö Mittwoch, den 8. April 1874.

. Zehrg.

Erſcheint Wittwoch und Samſtag. Preis manatlich 12 ke. Einzelne Nummer 3 2kr. Man abonnirt beim Verleger, Schiffzaße 4

und bei den Trägern. Auswärts bei den⸗Landboten und Poſtanſtalten. ö

Der Mulatte.
Novelle von C. Brunn⸗G abris.
(Fortſetzung).

Vor einem eleganten Hauſe in einer der beſten
Straßen hielt die Droſchke, Fenno ſprang heraus und
betrat mit elaſtiſchem Schritt die Schwelle.
erſten Etage angelangt, wandte er ſich einem der hinte-
ren Zimmer zu, die, auf einen geräumigen Garten hin-
ausgehend, durch einen langen Korridor von den vor-—
deren getrennt waren, — als ſich die Thür der letzte-
ren öffnete und ein älterer Herr herausſah.
„Guten Tag, Herr Walden!“ begrüßte Fenno ihn.
„Gulen Tag, Fenno, iſt Dir etwas zugeſtoßen?“
„Nein.“ ö

„Ich dachte, weil Du es ſonſt verſchmähſt, Iu

fahren.“ ö
„Es kam durch Zufall.“
„Auf Wiederſehen nachher.“ ö
Fenno verneigte ſich leicht und betrat ſein Zimmer.
Kaum eine halbe Stunde hatte er dort zugebracht, als
ein Diener eintrat und ihm eine Karte überreichend, im
devoteſten Ton ſagte:
„Der Herr Graf laſſen um die Ehre bitten, Ihnen
ſeine Aufwartung machen zu dürfen.“ ö
Ein flüchtiges Roth überzog Fenno's Antlitz.
„Er wird willkommen ſein.“ ö ö
Gleich darauf trat Ludwig von Falkenburg ein.
„Da bin ich, Herr Horſt; Sie wollten mir durchaus
nicht die Ehre Ihrer Begleitung gönnen, zogen es ſo-
gar vor, in einen der engen, heißen Käſten, die man
Droſchke nennt, zu kriechen, damit mich Niemand an Ih-
rer Seite ſähe, ſo blieb mir nichts übrig, ais ganz
nach der Etikette bei Ihnen vorzufahren, mich melden
zu laſſen und voilà, da bin ich!“ —

Bei dieſen letzten Worten ließ er einen ſchnellen

Blick über die Einrichtung des Zimmers gleiten; Fenno,
der dies bemerkte, ſagte: — —
„»„Sie wundern ſich, Herr Graf, mich ſo luxuriös ein-

ſehr, daß es mir nicht möglich war, ihn zu hindern,
dieſelbe auch in meinen Zimmern zur Geltung kommen
zu laſſen 111
„Das kann ich Herrn Walden nicht verdenken.

Ehrlich geſtanden, die Eleganz, um nicht zu ſagen der

In der

Luxus, war es nicht, was mein Erſtaunen erregte, viel“
mehr wunderte ich mich, bei dieſem Geldmenſchen eine
ſolche Fürſorge zu entdecken, wie ſie offenbar in dieſer
Einrichtung liegt; er ſcheint Alles genau Ihren Liebha-

bereien angepaßt zu haben.“

„Herr Graf“, erwiderte Fenno, nachdem er ſeinem

Gaſt einen Seſſel angeboten, „Sie verkennen Herrn
Walden, wenn Sie ihn einen Geldmenſchen nennen —
er iſt mein Wohlthäter.“ ö

„Pah; jeder einſichtsvolle Menſch würde an ſeiner

Stelle eben ſo gehandelt haben; von „Wohlthun“ iſt
keine Rede.“

„Ich muß mir erlauben, dies zu beſtreiten, nicht

Jeder würde an dem Mulatten —“

5Horſt“, unterbrach ihn der Graf, „thun Sie mir
einmal den Gefallen, all' Dergleichen für eine Stunde

zu vergeſſen.“

„Ich glaube kaum, daß es mir möglich iſt, meine
Stellung und die Verhältniſſe, in denen ich lebe, eine
Stunde zu ignoriren, geſchweige denn zu vergeſſen; ich
muß alſo bedauern, Ihren Wünſchen nicht nachkommen
zu können.“ ö
„Wenn Sie das wirklich bedauern, alſo bereit ſind,
einen andern Wunſch zu erfüllen, ſo laſſen Sie dieſen
entſetzlich förmlichen Ton fallen, wir kommen ſonſt nicht
über die ſteifen, kalten Redensarten hinaus, und ich
wünſche dies doch.“ ö ö ö
„Sie hatten mir etwas zu ſagen!“ ö
„Ja, und das iſt dies: Ich kann mich nicht ſo kalt

und fremd von Ihnen trennen, wie wir bisher neben

einander hergingen; ich möchte die Hoffnung mit mir
nehmen, daß es einer ſpäteren Zeit vorhehalten ſei,
Ihren eiſernen Willen zu erweichen. Mit einem Wort,
ich möchte das Verſprechen von Ihnen haben, daß Sie,
wenn je eine Zeit kommen ſollte, in der Sie eines
Freundes bedürfen, nach einem ſolchen verlangen, ſich

an mich wenden. — Schlagen Sie ein.“

Er reichte ihm die Hand hin.
Das Auge des Andern ſchien ſich für einen Moment

zu trüben, ſein Antlitz zeigte eine ſo ernſte Unbeweg-
lichkeit wie immer,
Hand zu ergreifen:
gerichtet zu ſehen. Herr Walden liebt die Eleganz ſo

dann ſagte er, ohne die dargebotene

„Ich kann Ihnen das Verſprechen nicht geben.

Unterbrechen Sie mich nicht. — Ich verkenne Ihre
wohlmeinende Abſicht nicht und bin überzeugt, daß Sie
wirklich Antheil an mir nehmen.
aber dahin, niemals eines Menſchen zu bedürfen, ſon-
dern mich ganz auf mich ſelbſt zu ſtellen, und ich müßte

Mein Streben geht
 
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