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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Zimmermann, Ernst: Zum Wiedererwachen der Ornamentik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0031

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INN EN-DEKORATION

19

ARCHITEKT CARL WITZMANN

IN WIEN.

HAUPT ANSICHT DES HAUSES O. O.-WIEN.

ZUM WIEDERERWACHEN DER ORNAMENTIK.

VON PROF. ERNST ZIMMERMANN-DRESDEN.

Y/Terkwürdig, wie schnell heute die Zeit schreitet, auch
IV 1 auf dem Gebiet der Kunst! — Jedermann weiß,
daß als vor nunmehr etwa 15 Jahren bei uns die moderne
dekorative Kunst von einigen kühnen Pionieren begründet
wurde und dann durch ganz Deutschland ihre schnelle
ungeahnte Verbreitung fand, sie nichts so sehr haßte und
verachtete, als jene Elemente, die bisher immer als für nicht
unwesentliche Bestandteile derselben angesehen worden
waren, ja ohne die ma:
kaum hatte denken kö

mentik. Sie schienen auf einmal nicht mehr nötig zu sein
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u„aren: ^a onne die man sich eine höhere Kunst dieser Art
tonnen: als Schmuck und Orna-

e' R ii~'

l ,.. ast, der die wahre, reine Kunst nur beschwerte

stigte, ohne ihr irgendwie nützen zu können. Darum
ber Bord mit ihr, je eher, je besser, und wo es nur immer
ging. Und nur wenige Gebiete der dekorativen Kunst,
vor allem die der re'nen Fläche haben hiervon eine deut-
sche Ausnahme gemacht. Wie sollte man auch diese
anders beleben, als durch Ornamentik? Die Farbe allein
tuts hier ja nicht. Doch auch hier gab es Zurückhaltung
auf allen Gebieten. Eine rechte Freude war nicht dabei.
Und nichts ist wohl charakteristischer für diese ganze Be-
legung, als die damalige Ornamentik: ein System von
Linien, ganz fein ausgetüftelt und durchempfunden, doch
ganz ohne Fleisch und Körper und damit auch ohne
Breite und Deckung. Was aber ist eine Ornamentik

ohne diese, ohne die Kraft, sich an der ihr zugewiesenen
Stelle auch wirklich bemerkbar zu machen . . . Die Möbel
bestanden nur noch aus Material und Technik, aus Kon-
struktion und Proportion. Und der einzige Schmuck der
geduldet schien, war die Intarsia, die Flächenkunst des
Einlegens, die, wenn man will, da sie eben Flächenkunst,
ruhig sein kann, wie keine andere. Sie trat aber gleich-
falls schüchtern genug auf. Und eigentlich war es nur die
textile Handarbeitskunst, die eine klare Ausnahme bildete.
Was soll man aber auch anders sticken, als Ornamente?

Diese Ablehnung der Ornamentik aber war damals
eine bewußte Tat gewesen. Zu lange Zeit — fast ja das
ganze 19. Jahrhundert hindurch — war, wie man weiß,
Kunstgewerbe wie Architektur eigentlich nur Ornamentik
gewesen, in jener Zeit, da Nachahmen alter Stilarten gleich
Kunstschaffen galt und deren Ornamentik als ihr Haupt-
wesen, das in erster Linie nachzubilden war, wollte man
»stilecht« erscheinen. Man hielt sich an Äußerlichkeiten,
an jene Dinge der Kunst, die eigentlich erst ihr Letztes
sind; man sah nicht ihren Kern, das, was wirklich ihr
Wesen ausmachte, und sie erst wirklich von einander unter-
schied, und die Mechanik, die Maschine, dieser in diesem
Jahrhundert erst zu voller Kraft gelangende Faktor ward
dann die Helfershelferin: was fleißige Hände bisher in
langer mühevoller Arbeit erreicht hatten, das schien nun
 
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