Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Neue Arbeiten von Ino A. Campbell
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0055

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INNEN-DEKORATION

43

ARCHITEKT 1NO A. CAMPBELL-MÜNCHEN.

WOHNHALLE IM HAUSE H.-LEIPZ1G. AUSF.- PÖSSEMBACHER

NEUE ARBEITEN VON INO A. CAMPBELL.

VON WILHELM MICHEL—MÜNCHEN.

Von Schöpfungen der Innenarchitektur könnte man
wohl dasselbe sagen, was man zur Definition der
Landschaft gesagt hat: sie sind Seelenzustände — etats
d'äme. Denn mögen sie noch so sehr durch äußere Mo-
mente und die Widerstände des Stoffes bedingt sein, was
sie leben und sprechen macht, ist der seelische Gehalt.
Sie enthüllen ihn als »Stimmung«, dieses schwebende
geistige Element, das nicht greifbar, aber vorzüglich wirk-
sam ist, das vor und über allen Einzelheiten empfunden wird.

Wir fassen, ganz im Zusammenhange mit dieser An-
schauung, das Problem der Innenausstattung auch durch-
aus landschaftlich-topographisch auf. Das heißt, der
Innenraum gilt uns in erster Linie als Gefüge von Ab-
messungen, Raumteilen und belichteten oder beschatteten
Flächen. Man könnte unsere Innenkunst impressionistisch
nennen, weil sie, ganz wie die impressionistische Malerei,
zunächst das Ganze und Erregend-Wirksame der Raum-
erscheinung ins Auge faßt und alle ihre Mittel in dem
Sinne handhabt, daß in erster Linie das sinnlich-seelische
Erlebnis des Raumes stark hervortrete. Der Stolz des
deutschen Kunstgewerbes ist dieser männliche architek-
tonische Sinn, der allein den Innenarchitekten zum Künst-
ler macht, zum Gestalter aus Antrieben der Phantasie.

Solche untadelhafte architektonische Stimmung ist es,
die Ino A. Campbell auch in dieser seiner neuesten
Arbeit bewährt. Man fühlt das am besten, wenn man
diejenigen der Teilaufnahmen ins Auge faßt, die keine
eigentlichen Möbel, nur Raumgliederung enthalten; bei-
spielsweise die Türecke aus dem Speisezimmer. Das sind
zwei Wandflächen, die in stumpfem Winkel aufeinander
stoßen, darin eine Tür und ein Wandschrank. Aber dieser
kleine Ausschnitt enthält eine Fülle architektonischen Ge-
staltens und gibt einen Begriff von dem ganzen Raum,
von der vertikalen Wandteilung durch Pfeiler und der
horizontalen durch Vertäfelung und Stoffbespannung, und
von der prachtvollen architektonischen Betonung der
Einzelheiten, der Türe und des Schränkchens. In solchen
Räumen bedeuten die Möbel eigentlich nur die letzten
Akzente der durch die bauliche Arbeit schon gewähr-
leisteten Raumstimmung. Sie können daher, wie Camp-
bell es tut, sehr sparsam verwandt werden und gewinnen
eine außerordentlich lebhafte und köstliche Betonung.
Auch an den Möbeln tritt dieses Streben nach kräftiger,
geschlossener Gesamtwirkung hervor. Sie sind mit ihren
zusammenhängenden Flächen deutlich auf Silhouetten-
wirkung angelegt, ein Streben, das bekanntlich alle Ge-
 
Annotationen