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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Jaumann, Anton: Was ist Qualitäts-Arbeit?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0339

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XX111. JAHRGANG.

DARMSTADT.

SEPTEMBER 1912.

»WAS IST QUALITÄTS-ARBEIT?«

VON ANTON JAUMANN IN BERLIN.

Es ist leicht, Qualitätsarbeit fordern, nach dem
Schema etwa: Schundware ist ein Zeichen
von Unkultur, verdirbt den Arbeiter, schädigt die
Volkswirtschaft. Schwerer ist es schon, in der
Wirrnis gewerblicher Schwierigkeiten Qualitäts-
ware zu erzeugen, der gute Wille und die Prin-
zipienfestigkeit tun es da nicht allein. Aber bei-
nahe unmöglich scheint es, den Begriff Qualitäts-
arbeit zu definieren, klipp und klar und für jeden
verständlich zu sagen, was so genannt werden
darf, was nicht. Es ist wie bei den meisten
Schlagwörtern: jeder verbindet damit eine andere
Vorstellung. — Der Gegensatz zur Qualitätsarbeit
ist wohl die Schund- und Schleuderware; so
nennen wir alles, was aus schlechtem Material,
in liederlicher Technik, zu billigsten Preisen her-
vorgebracht wird. Das klingt in der Theorie
einfach und eindeutig. Und soweit offensicht-
liche Fehler, Brüche, faule Stellen vorliegen,
wissen wir ja, daß wir Abfall, Ausschußware
vor uns haben. Aber beim Eingehen auf Ein-
zelheiten erheben sich doch Zweifel. Was sind
z. B. Webefehler? Es gibt Leute, die verlangen
glatte, ebenmäßige Gewebe, andere, und gerade
die Feinschmecker, die sehen die Knoten, Ver-

dickungen, die Fasern, die Streifen, die undichten
Stellen ganz gerne. Sie lieben die Schlieren im
Glase, die Risse in der Glasur, die Gußblasen.
Wenn man diese »fehlerhaften« Stücke billiger
bekommt, warum soll man sich das nicht gefallen
lassen? Aber sie verraten doch ein mangelhaftes
Können und eine Unachtsamkeit des Arbeiters?
Sei es! Dann kann ich sie als Bekenntnisse
menschlicher Unzulänglichkeit und Eigenwilligkeit
des Materials gerade sympathisch finden. Und
erst, wenn das Können soweit geht, daß solche
Fehler: Schlieren, Risse, Knoten künstlich, absicht-
lich angebracht werden, beginne ich zu streiken.—
Die Höhe des Preises ist gleichfalls keinerlei
Merkmal von Qualität oder Schund. Gute Ware
kann unter Umständen billig sein, und schlechte
teuer. Man sagt sogar, das Schlechte wäre immer
zu teuer, meint aber heimlich dabei, das Gute
könne nicht billig sein. Auch das ist ein Irrtum.
Wenn wir unter Güte Haltbarkeit verstehen, so
sind die billigen derben Stoffe meistens haltbarer
als die feinen, die bedeutend mehr kosten. Ziegel-
bauten sind z. B. billiger als solche aus Sandstein,
obwohl der Sandstein leichter von der Atmosphäre
zerstört wird . . . Und wenn man etwa auf die

1912. IX. 1.
 
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