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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Georgi, Walter: Kunstwerk und Persönlichkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0202

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT MAX ZÜRCHER IN FLORENZ

BLICK IN DEN EMPFANOSRAUM DER VILLA D. KÜNSTLERS

rein handwerksmäßiger Erzeugung auf. Zum mindesten
bleibt ein Gefühl von unüberbrückbarer Unstimmigkeit
zwischen Stil und Persönlichkeit bestehen, die jeden
Genuß beeinträchtigt. Der echte Stil verzichtet auf ver-
blüffende Jonglierkünste ebenso wie auf flache Alltäglich-
keiten, er gibt sich in dem beredten Schweigen innerer
Sicherheit und Überlegenheit. Früher oder später ist der
Sieg ihm gewiß. — Ebenso gefährlich ist eine allzu ein-
seitige Behandlung technischer Fragen, die in der
Lösung solcher Probleme durch die künstlerische Arbeit
ohne Rücksicht auf die Gegenwart tieferer Erkenntnis
alles Heil erblickt. Die positive Leistung ist unstreitig
zu begrüßen, nur erschöpft sie den Begriff des Kunst-
werks keineswegs. Sie verliert sich allzusehr an der
Oberfläche der Dinge, ohne in deren Wesen völlig ein-
zudringen und durch das persönliche Erlebnis das Kunst-
werk über das Problematische zu erheben. Nichtsdesto-
weniger wohnt ihrer Arbeit ein unverkennbarer Wert
inne, da sie durch die Errungenschaft ihrer Technik
jedem nach Ausdrucksmöglichkeiten suchenden Genie
neue Mittel und Wege der Offenbarung reicht, oder
wenigstens erleichtert, die Form der Manifestation seiner

Persönlichkeit zu finden. — Es ist das offene oder heim-
liche Verlangen jeder künstlerischen Natur, in ihren
Werken ihre Zeit zu überdauern. Nur die Ausbildung
einer Persönlichkeit, die an Tiefe und Stärke das Durch-
schnittsmaß überragt, kann Erfüllung dieses Wunsches
versprechen. Sich restlos zu geben im Erleben,
Erkennen und Gestalten, das sind die Wege, die
zum Ziel führen, um die Arbeit des Künstlers
mit lebendig em Geist zu erfüllen. Nicht eine ab-
sichtlich betonte individuelle Note, sondern der Grad der
wiedergegebenen Lebenswahrheit wird als ausschlag-
gebender Faktor die Rechnung zu seinen Gunsten beein-
flussen. Stets wird sich das von der wertvollen
Persönlichkeit getragene Kunstwerk der Ge-
schmacksrichtung aller Zeiten zum Trotz zu be-
haupten wissen. Die großen Meister der Kunst geben
mit der Lebensfähigkeit ihrer Werke unbestreitbare Be-
weise hiervon. — dr. walter georgi-münchen.

rOM KUNSTSCHAFFEN. Wir kämpfen nicht nur
um die Zukunft, wir müssen uns auch die Vergangen-
heit immer von Neuem gestalten. - rudolf eucken.
 
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