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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Breuer, Robert: Kunstform und Zweckform
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0208

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196

INN EN-DEKORATION

M. ZÜRCHER IN FLORENZ.
VILLA R1POSO DE1 VESCOVI

KUNSTFORM U.
ZWECK-FORM.

Jahrelang hat manK u n s t-
f orm undZ w eckform
für identisch gehalten.
Und doch sind sie, in ge-
wissem Sinne, Gegen-
sätze. Es kommt darauf
an, sie in verständnis-
vollem Eingehen auf die
jeweils gegebenen beson-
deren Verhältnisse zu ver-
schmelzen. Die Kunst-
form ist stets das Höh-
ere, sie sucht der Zweck-
form erhöhte sinnliche
Reize zu geben. Die
Zweckform ist das Re-
sultat gedanklicher Er-
wägungen in Bezug auf
praktische Verwendbar-
keit des Gegenstandes,
auf Material, Herstellungs-
weise, Verkaufspreis. Die
Kunstform wendet sich
an die Sinne, sie denkt
an Linien und Farben,
Lichter und Schatten, Ton-
werte und Proportionen.

ARCHITEKT M. ZÜRCHER —FLORENZ. TREPPEN-AUFGANG ZUR VILLA

ANSICHT V. GARTEN AUF DIE
VILLA MIT MAGNOLIENBAUM

Nun ist die Kunstform
das eigentlich nationa-
le Element. Der Volks-
charakter paßt sie sich an,
macht sie ernst oder hei-
ter, derb oder zierlich. Je
reiner sein Wesen in ihr
zum Ausdruck kommt, um
so besser sitzt sie ihm. —
Die Zweckform da-
gegen ist bis zu einem ge-
wissen Grade interna-
tional. Da die Zweck-
form zudem stets mit den
billigsten Herstellungs-
möglichkeiten rechnet,
ist sie für den internatio-
nalen Massenkonsum,
wie ja auch die Beispiele
beweisen, unübertrefflich
geeignet. Die reine
Zweckform ist bei den
Dingen, von welchen die
Rede ist, nur selten, zu-
fällig das höchste, was sich
wünschen läßt; aber sie
trivialisiert zum mindesten
nicht das Schöne. Sie
entbehrt oft wesentlicher
sinnlicher Reize, aber sie
 
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