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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Westheim, Paul: Am Weg zum neuen Reichtum
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0230

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218

INNEN-DEKORATION

entw.: lotte klopsch. ausf.: w. dittmar—berlin

bürgerliches wohn-u. arbeitszimmer. birkenholz

sich mit mehr Geschicklichkeit von den letzten
Strömungen treiben läßt, wird kritiklos über-
schätzt, trotzdem seine Geschicklichkeit nichts
anderes als künstlerische Gewissenlosigkeit ist.
Es wäre töricht ihn anzuerkennen, nur weil er
»mitmacht«. Die einzige Legitimation, die
es gibt: die künstlerische Qualität, hat er
nicht aufzuweisen. — Sie wird für den wahren
Kunstfreund immer entscheidend sein. Ganz
gleich, ob einer daher kommt mit einem konstruk-
tiven Gefüge, mit Flach- oder plastischem Orna-
ment. Alles hat seine Berechtigung, sofern
es wahrhaft empfunden und gekonnt ist.
Und alles ist verfehlt, wenn man nicht den Künst-
ler, sondern den gewandten Macher verspürt.

Einseitig nach irgend einem Grundsätzchen
bekritteln ist nicht schwer; der künstlerischen
Eigenart ist aber nur beizukommen, wenn man
sich dem schöpferischen Willen hingibt. Ist er
stark, so wird er mitreißen, natürlich auch nach
einer neuen Richtung. Prinzipiell sich dem ent-
gegenstemmen zu wollen, zeugt von einem
schwachen Instinkt für das Ursprüngliche. Nun
gibt es nicht wenig Leute, die aus Angst, sich
nicht schnell genug einstellen zu können, Hosianna

schreien, noch ehe sie im Innersten gepackt sind.
Auf tastende Versuche, wie wir sie eben mitan-
sehen, können sie allzu leicht verderblich ein-
wirken. Sie hetzen den Künstler in Arbeiten
hinein, die noch unausgereift in ihm schlummern,
sie tragen mit an der Schuld, wenn er in unzu-
reichenden Ansätzen stecken bleibt. — Es wäre
bedauerlich, wenn die neuen dekorativen Strö-
mungen solchen Fährlichkeiten erliegen würden.
Noch ist keineswegs Ursache, an der Gestaltungs-
kraft und der schöpferischen Phantasie unserer
neuzeitlichen Künstler zu zweifeln; das Publikum
sollte ihnen aber auch die Ruhe gönnen, die
sie brauchen, um schönen Reichtum zu ent-
falten. Auf ein paar frühe Früchte mehr wollen
wir gern verzichten, sofern wir durch kostbare
Entzückungen entschädigt werden. — w.

*

t*s gibt nichts Absolutes in der Kunst. Kunst
ist nicht Wissenschaft. Der Weg für neue
Versuche, für neue Methoden, neue Anwen-
dungen und Ausnutzungen ist immer offen, und
gerade das macht die Ausübung der Kunst in
allen ihren schönen Formen so anziehend, immer
frisch und begeisternd. — walter crane.
 
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