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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Breuer, Robert: Ein Jagdhaus: "Der Heidehof"
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0247

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INNEN-DEKORATION

235

soviel schlechte Bauten, weil die wenigsten
derer, die bauen, so die Auftraggeber wie
die Ausführenden, von dem Geiste Messels,
von der Ehrfurcht vor der Qualität der Alten,
von der Sehnsucht nach der Qualität des
Neuen durchdrungen sind. Wir vergessen
keinen Augenblick, daß die Experimente, die
eine möglichste Überwindung des bisherigen
Formenkodex erstreben, ebenso mutig wie
fruchtbar sein können. Wir wissen aber ganz
genau, daß auch Bruno Schmitz oder van de
Velde so Vorzügliches nicht geleistet hätten,
wenn nicht auch in ihnen der Instinkt zur
Qualität und die Begierde nach dem Vol-
lendeten das Regiment führten. Im Geiste
Messels können sich die Ausdeuter der Tra-
dition und die kühnen Pioniere neuer Zeiten
wohl verstehen. Der Geist Messels ist die
innere Notwendigkeit aller guten Baukunst,
einerlei, ob sie war oder ob sie erst kommt.
Darum ist es immer lehrreich, das Werk eines
Architekten zu sehen, der mit Pietät und aus
eingeborener Natur dem großen Meister Nach-
folge leistet. Neben Baumgarten, William
Müller, Taut, Habicht, Mebes und Schmohl
ist Edmund May der Begabtesten einer.
Er muß Messel nahe gestanden haben. An
dessen letzten Arbeiten hat er mitgearbeitet;
einiges was der Meister unvollendet hinter-
ließ, hat May fertig gebaut. Auch hat er
Messelbauten erweitert, so das Charlotten-

ARCH1T. EDM, MAY. BLICK AUS DER VERANDA DES JAGDHAUSES »HEIDEHOF«

ARCHITEKT EDM. MAY—STEGLITZ. VERANDA AM
JAGDHAUS »HEIDEHOF« BES.: FRANZ WERTHEIM

burger Augusta-Viktoriahaus. Nach der
Auflösung des Messeischen Büros hat May
auch selbständige Bauten ausgeführt. Eine
seiner reifsten Arbeiten, so recht ein Zeug-
nis für Messels Pädagogik, ist das Jagd-
haus »Heidehof«, das er für Herrn
Franz Wertheim in Schulzendorf bei Berlin
baute. — Das Land ist dort flach und sandig,
ganz märkisch. Kiefernwaldungen dehnen
sich weit und rahmen schwarz und hart
magere Felder. Es ist nichts Üppiges in
dieser Natur, eher etwas Kaltes, beinahe
etwas Melancholisches. Danach hatte sich
das Haus zu richten. Es mußte mit Zu-
rückhaltung eine Zuflucht verheißen. Es
durfte nicht finster sein, durfte aber auch
nicht spielerisch und zärtlich wirken. Es
mußte diesem Boden zugehören und mußte
zugleich zeigen, daß es eines Herren Be-
sitz ist. Es mußte ländlich sein und sich
doch aus dem Dörflichen herausheben.
May stellte das Haus auf einen Sockel von
grauen Verblendern und gab ihm so eine
gesteigerte Selbständigkeit gegenüber der
Natur und den Wirtschaftsgebäuden, die
den Hof hinter dem Herrenhaus umspan-
nen. Der Grundriß bekam die Form eines
Rechteckes; dahinein wurden mit schlichter
Regelmäßigkeit die Raumgliederungen dis-
poniert. Unten die Wohnräume, oben die
 
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