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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Osborn, Max: Innenräume von Ilse Dernburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0275

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INNEN-DEKORATION

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ENTWURF VON FRAU ILSE DERNBURG —BERLIN VERANDA. WEISSLACK. MÖBEL MIT CRETONNEBEZUG

INNENRÄUME VON ILSE DERNBURG - BERLIN.

Wir sind nun seit geraumer Zeit in die behagliche
Situation gerückt, daß die moderne Interieurkunst
über ein Arsenal fester Formvorstellungen und Prinzipien
verfügt, aus denen sie in jedem Einzelfall so souverän zu
schöpfen vermag, daß die individuelle Besonderheit der
Aufgabe ebenso wie ihre Einordnung in die allgemeine
künstlerische Anschauung der Zeit gewahrt bleibt. Der
Hyperindividualismus der Kampf jähre, da jeder Stuhl und
jedes Eckschränkchen seinen »persönlichen Stil« haben
wollte, ist vorüber. Er war notwendig und begründet,
weil einzelne Künstler von starkem Willen ein überlebtes
System zerschlagen und durch ein neues ersetzen wollten,
und er war besonders darum erklärlich, weil es Maler
waren, — nicht Vertreter der derzeitigen Innenarchi-
tektur, — die den Weg ins Neuland frei machten. Jetzt
aber stehen wir da, wo alle früheren kunstgewerblichen
Epochen von eigner Prägung standen: wir haben uns
ein ungeschriebenes, aber allgemein anerkanntes Gesetz
geschaffen, das der Gesamtheit unserer Wohnungsein-
richtungen den großen Zug von Einheit und Zusammen-
hang gibt, der von je und überall das Kennzeichen ge-
schlossener Kulturen gewesen. — Sauertöpfische Nörgler
greinen: »Na ja, da habt ihr eben eine moderne Scha-

blone geschaffen, die nun an Stelle einer anderen, früheren
ihre Tyrannei ausübt!« Aber wir lassen uns nicht be-
irren. Weil wir wissen, daß wir nur das Maß von Kon-
vention im besten Sinne erreicht haben, ohne die eine
charaktervolle Zeitkunst überhaupt nicht auskommen
kann; daß aber innerhalb dieser wohltätigen Begrenzungs-
linien noch Bewegungsfreiheit genug bleibt, um den per-
sönlichen Neigungen des Kunstgewerblers wie seines
Auftraggebers Raum zur Betätigung zu gewähren. Das
Wesentliche jedoch ist und bleibt: daß das Kunstgewerb-
liche aus den Ansprüchen des Künstlerischen zur Be-
scheidenheit und Zurückhaltung des Handwerklichen ge-
langt ist. — Die Innenräume von Ilse Dernburg, von
denen das vorliegende Heft eine Auswahl wiedergibt,
stellen charakteristische Zeugnisse für diese Situation
dar. Eine junge Dame der Berliner Gesellschaft, in bür-
gerlicher Wohlhabenheit aufgewachsen, mit einem statt-
lichen Erbteil an künstlerischen Neigungen und Geschmack
ausgestattet — ihr Großvater mütterlicherseits war
Ernst Dohm, einer der berühmten »Gelehrten des Klad-
deradatsch« —, die Gattin eines hervorragenden Archi-
tekten (Hermann Dernburg), wendet sich aus angeborener
Lust der Interieurkunst zu. Sie ist keine »Führerin zu

1912. VII. 2.
 
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