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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Lange, Konrad: Über Kunstform und Werkform
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0296

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284

INN EN-DEKORATION

ENTW. UND AUSF.: BILDHAUER GEO SIEBURG—BERLIN-WILMERSDORF. MODELL FÜR EIN DEKORATIVES BRONZE-RELIEF

tisches Gefühl sein
kann, da ja sonst auch die
Freude über eine sachge-
mäß konstruierte Maschine
ästhetisch sein müßte. Ich
verstehe nicht, wie man
einerseits behaupten kann,
die Geschicklichkeit eines
Bau- oder Werkmeisters,
der einen praktischen
Grundriß eines Wohnhau-
ses entworfen hat, sei schon
etwas Künstlerisches,
die Geschicklichkeit eines
Schlossers, der ein brauch-
bares und praktisches
Schloß konstruiert, oder
eines Messerschmieds, der
ein scharfes und zweck-
mäßiges Messer angefer-
tigt hat, sei dagegen etwas
Handwerkliches. Denn
beides ist doch ganz das-
selbe. Die Tätigkeit jenes
Baumeisters mag schwerer
sein, eine längere Vorbe-
reitung voraussetzen, auch
eine höhere Bildung erfor-
dern , in Bezug auf die
Frage Kunst oder Nicht-
kunst steht sie aber ganz
auf demselben Blatte. —
Was die Behauptung be-
trifft, die Kunstform eines
Gebäudes oder eines tek-
tonischen Produktes, eines
Gefäßes usw. ergebe sich

GEO SIEBURG—BERLIN. GROSSES DEKORATIV. STUCK-MEDAILLON

unmittelbar aus seinem
praktischen Zweck und aus
der Natur des Materials
und der Tecknik, so beruht
sie auf einer einfachenVer-
wechslung zwischen
Kunstform und Werk-
form. Gerade die Kunst-
form ergibt sich nicht
aus diesen praktischen
Bedingungen, wohl aber
die Werkform. Man kann
also nicht sagen, daß die
Kunstform aus der Bestim-
mung, dem Material und
der Technik hervorwächst,
sondern sie entwickelt sich
aus rein ästhetischen
Bedürfnissen. — Natürlich
wird sich jeder verständige
Künstler bemühen, die
praktische und ästhetische
Forderung möglichst in
Einklang miteinander zu
bringen, und dieses Be-
mühen gehört auch zur
künstlerischen Arbeit.
Das Künstlerische dabei
ist nicht diese Anpassung
allein, sondern die aus
ästhetischen Bedürfnissen
hervorgegangene Belebung
der Materie, die mit den
praktischen Bedürfnissen
einen Kompromiß eingeht.
Architektur und ange-
wandte Kunst können über-
 
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