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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Tauberbischofsheim (Kreis Mosbach) — Freiburg i.Br., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.1372#0034

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AMT TAUBERBISCHOFSHEIM. — GERLACHSHEIM.

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letzteren Ortes, vielleicht noch mehr aus dem Grunde, weil es Besitzungen daselbst hatte
und bald das ganze Dorf Gerlachsheim sein Eigenthum wurde. Die ersten Papsturkunden,
die Privilegien und Freiheiten des Klosters (Praemonstratensis ordinis, Vorsteherin = prio-
rissa) zum Gegenstande haben, stammen von Innocenz IV. aus dem Jahre 1254.

Durch ansehnliche Schenkungen im XIII. und XIV. Jh. bereichert, erhielt das
Kloster i. J. 1343 die kaiserliche Bestätigung seiner Besitzthümer und Zollfreiheit. Schon
1259 neue päpstliche Bestätigung (ecclesia S. Joannis Ev.); 1298 wurde das Kloster vom
Abt Guillelmus zue Premonstrat »aus dem Banne erlediget«. Wie die »Meisterinnen«
des Konvents oder »der Sammlung«, so gehörten auch die Nonnen dem Adel an; unter
ersteren mehrere Gräfinnen von Wertheim. Die Verwaltung führte im XIII. Jh. ein
Provisor, während der Abt des Prämonstratenser-Klosters Zell bei Würzburg die Aufsicht
hatte und die Rechnung »abhörte«. Letzte Urkunde hierüber vom 14. Juni 1302.
1519 erhielt das Kloster die Pfarrkollatur zu Gerlachsheim.

Im Mai des Jahres 1525 wurde das Kloster von den aufrührerischen Bauern ge-
plündert und entsprechend verwüstet, jedoch nicht niedergebrannt. Die Nonnen, von
denen sich einige der neuen Lehre angeschlossen hatten, verliessen es allmählich. Im
Jahre 1562 waren nur noch zwei Nonnen vorhanden, unter denen Haus und Ein-
künfte in grossen Verfall geriethen, so dass Bischof Friedrich von Würzburg das
Kloster im Jahre 1563 einzog und die Güter der Hofkammer zuwies. Nach langen
Prozessen, in welchen päpstliche und kaiserliche Entscheidung angerufen wurde, musste
Würzburg das Kloster dem Prämonstratenser-Orden und zwar dem Abte von
Oberzell zurückgeben. Dieser gelangte aber erst 1717 in den Besitz und vereinigte es,
da nach einem vom Konzil von Trident gegebenen Erlasse Nonnenklöster in offenen,
durch keine Mauern geschützten Orten nicht errichtet werden durften, als Priorat von
10—12 Mönchen mit seinem Kloster. Da Wohngebäude und Kirche in argem Verfall,
zudem für die neue Stiftung nicht ausreichend waren, begann man unter Abt Sigismund
Hauck im Frühjahre 1721 zunächst mit einem Neubau des Klosters, dessen
östlicher Flügel bereits am 19. November desselben Jahres vollendet war. Man benützte
dabei die Fundamente des alten Hauses; auch der alte Keller blieb bestehen. Der zweite
Flügel wurde 1722 errichtet. Am 2. April 1723 begann Abt Sigismund sodann den Neubau
der Kirche, deren Langhaus am 3. September desselben Jahres bereits unter Dach kam.
Nach einer Pause von drei Jahren wurde am 1. Juni 1726 die Herstellung der Thürme
und des Chores nach dem Garten zu in Angriff genommen, wobei die Fundamentirungs-
Arbeiten, des Grundwassers wegen, erhebliche Schwierigkeiten verursachten. Als bau-
leitender Architekt erscheint in den Akten P. Sebaldus Appelmann, im Verzeichnisse
der Mönche als Doctor theol., Lector et Architectus aufgeführt. Am 17. September 1730
erfolgte die Einweihung des neuen Gotteshauses. Unter grosser Feierlichkeit geschah
darauf am 10. September 1737 die Uebertragung des aus den römischen Katakomben
erhobenen Leibes eines h. Märtyrers Clemens in die Kirche. Nach der Säkulari-
sation wurde der letzte Prior Pfarrer von Gerlachsheim. Das Kloster kam mit seinen
Besitzungen an den Fürsten Salm-Reife rscheid-Bedburg (Fürstenthum Krautheim),
der hier residirte. Nach 1838 (s. oben) wurde es badisches Bezirksamtsgebäude und
seit dessen Aufhebung i J. 1875 Taubstummenanstalt. (E.)

Die jetzige Pfarr-, ehemalige Klosterkirche (tit. S. Crucis), ein Neubau von 1723
bis 1730 (s. oben), gehört zu den stattlichsten und schönsten Barock-Eauten der Gegend.
 
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