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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Tauberbischofsheim (Kreis Mosbach) — Freiburg i.Br., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.1372#0139

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KREIS MOSBACH.

NEUNSTETTEN

Schreibweisen: Nuwensteten 1231, Nuwinstetin 1245, Neuestetten 1533, Neun-
stetten 1578.

Litteratur: Ottmar F. H. Schönhuth, Crautheim u. s. w. (s. oben) S. 77 ß.

Neunstetten gehörte zu der Herrschaft Krutheim. Im Jahre 1245 besass es jener
Krafto von Krutheim, der Boxberg erhalten hatte und die neue Linie von Boxberg
begründete, und vermachte es im Falle seines kinderlosen Hinscheidens Gottfried von
Hohenlohe. Als Zeuge erscheint in dem betreffenden Vertrage ein Hermannus de
Nuwinstetin. Von Konrad von Boxberg, vermählt mit der Schwester des
Grafen Rudolf IL von Wertheim, kam i. J. 1313 Neunstetten an die Grafen von
AVertheim und im XV. Jh. als Wertheim'sches Lehen an die Herren von
Berlichingen, welche 1568 das Schloss errichteten und die Dorfherren blieben. Im
XVII. Jh. wiederholte Streitigkeiten wegen Uebergriffen der Dorfherrschaft. Bis 1806
ritterschaftlicher Ort des fränkischen Cantons Odenwald. (E.)
Kirche Die evangelische Pfarrkirche ist ein einfacher stattlicher Bau vom Jahre 1757.

Jahreszahl mit Wappen über der Thür zum Berlichingen'schen Herrschaftsstuhle neben der
Sakristei. Aussen und innen kunstlos, ebenso die Ausstattung des Innern.
Epitaph Bemerkenswerth nur einige Grabmäler, besonders das grosse Wandepitaph

des am 1. Juni 1588 zu Langenschwalbach »im Sauerbrunnen« verstorbenen Ritters
Hans Gottfried von Berlichingen, des Begründers der älteren Neun-
stettn'er Linie, die mit ihm im Mannesstamme ausstarb. Anspruchsvoll und prächtig
im Aufbau, aber mindenverthig in der Ausführung und im Stil. Der architektonische
Rahmen ist von Sandstein; Wappen, Reliefs, Cartouchen u. s. w. sind von Stuck. Das
mit Wappen überladene Hauptrelief zeigt den Ritter mit seinen zwei Frauen (Anna
Zollner von Hallburg •}■ 1584 und Amalia von Grumbach f 1612) und drei Töchtern
vor dem Kruzifix knieend; oben an der vom Berlichingen'schen und Grumbach'schen
Cartouchewappen flankirten Attika die Reliefs der Auferstehung Christi und des armen
Lazarus; zuoberst das jüngste Gericht. Unten an der Predella drei Inschrifttafeln, von
denen die dritte leer ist. Das Hauptgesimse und das Zwischengesimse des Aufsatzes
sind durch sechs christliche Tugenden, flotte kleine Freifiguren, belebt. Das Ganze
weiss übertüncht.

Rechts davon grosse, mit zahlreichen Wappen verzierte Grabplatte (w. S.) der
zweiten Gattin des Hans Gottfried, der Amalia Berlichingen, geb. von Grum-
bach (-f- 1612). [Im Saale des Schlosses soll sich ein hölzernes (?) Grabmal der ersten
Gattin, Anna Zollner von Hallburg, befunden haben, s. v. Berlichingen, Geschichte des
Ritters Götz u. s. w., Leipzig 1861, S. 647, Anm. 5.]

Zwei Grabsteine des XVII. Jhs. hinter dem Kirchengestühl fast völlig ver-
deckt; ausserdem noch fünf barocke, grössere und kleinere Grabplatten (w. S.) von
Berlichingen'schen Familienmitgliedern, sämmtlich übertüncht. Die eine Inschrift lautet ■
Anno 1587 den 22. Dezember ist zu Rossach früh zwischen 5 und 6 Uhr der
wohledelgeborene Melchior Reinhard von Berlichingen auf Rihenberg und Milz
zur Welt geboren, und selig wieder entschlafen z%t Krailsheim den 16. Februar
früh zzuischen 2 und 3 Uhr, folgenden 2//.. Mai 163J Jahres in dieses Ruhe-
 
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