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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Tauberbischofsheim (Kreis Mosbach) — Freiburg i.Br., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.1372#0035

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KREIS MOSBACH.

Dreischiffige, kreuzförmige, gewölbte Pfeilerbasilika mit zwei, den dreiseitig geschlossenen
Chor flankirenden Thürmen und geschweifter Vorderfront.

Das Aeussere einfach, schlicht, in grossen Formen gehalten. Die Wände geputzt,
dagegen alle selbständigen Architekturtheile, Simse, Gewände, Giebel, Umrahmungen,
Pfeiler- und Säulenvorlagen von rothem Main-Sandstein.

Die Facade des dreischiffigen Bauwerks ist lediglich in der Breite des Mittelschiffes
architektonisch gegliedert und zwar in der Weise, dass an einem sich nach aussen aus-
bauchenden breiten Mitteltheil zwei nach innen gebogene und nicht unerheblich schräg
zurückspringende Seitentheile angeschlossen sind, wodurch die übliche kommodenartige
Form entsteht. Vier auf hohen Postamenten frei vortretende korinthische Säulen,
marmorartig gestrichen, mit einem gebrochenen Segmentgiebel vor dem Mitteltheil und
geradlinigem Gebälkabschltiss vor den Seitentheilen, dienen mit ihren vorgekröpften
Gebälkstücken zu einer einfachen, aber wirkungsvollen Gliederung des unteren Theiles
der Facade. Im oberen Theil wiederholt sich in der Mitte der untere Theil des
Mitteltraktes mit demselben gebrochenen Segmentgiebel-Abschluss und nur geringen Ab-
weichungen (statt der Hauptthür mit der geschwungenen Verdachung eine flache Halb-
kreis-Nische mit Kruzifix darin), während sich die Seitentheile von einer Art niedriger
Attika aus in Voluten mit steiler Schräge darüber an den Mitteltheil anlehnen. In
geschickter Weise sind diese Seitenschrägen als Anfang der Dachlinie verwendet, die in
ihrem weiteren Verlauf nach dem First zu durch den mittleren Aufbau völlig maskirt
wird. Die Front des südlichen Seitenschiffes zeigt sich als kahle verputzte Wand. Zu
ihrer Belebung ist ein schönes, grosses Tabernakel mit dem Standbilde des das Kreuz
haltenden Erlösers vorgesetzt, das nördliche Seitenschiff verschwindet hinter dem hier
an die Kirche anstossenden Hauptgebäude des Klosters. Auf diese Weise kommt, wie
erwähnt, nur das Mittelschiff in der Facade zum Ausdruck.

Den Hauptschmuck der Facade bilden ausser der erwähnten Kruzifixnische je
eine tiefe Muschelnische unten vor den Seitentheilen mit den Statuen des h. Sebastian
und h. Clemens auf niedrigen Postamenten; echte barocke Bravour-Stücke von sorg-
fältigster Technik und manierirter Krausheit, die beim h. Sebastian nicht nur im flatternden
Gewände, sondern ebenso in den an den Baumstamm gebundenen Gliedern zum Aus-
druck kommt. Das Portal mit schön geschnitzter Doppelthür trägt einen Aufsatz mit
geschweifter Verdachung und dem von reichem Rococo-Ornament umgebenen Prämon-
stratenserwappen. Die Seitenansicht zeigt Pilastertheilung mit reich profilirter Fenster-
umrahmung und geschwungenen Verdachungen. An der Rückseite des Chores, nur vom
Garten aus sichtbar, eine dritte Figurennische.

Der Eindruck des Innern ist überraschend grossartig und schön. Von den hohen
Seitenschiff-Fenstern und seitlichen Oberlichtern im Mittelschiff taghell beleuchtet, erscheint
der weite gewölbte Raum mit seinen Stuccaturen und Bildern festlich und vornehm, dabei
aus einem Gusse und in trefflichster Erhaltung. Besonders schön die hohe Vierung
mit der Gallerie am Fusse des reich stuckirten achtseitigen Klostergewölbes. Vom
lichtblauen Grunde heben sich die weissen Stuck-Ornamente zart und doch wirkungs-
voll ab. Auch hier bricht reichliches Licht durch die Laterne von oben herein. Das
Mittelschiff besteht aus vier Jochen und ist mit einem elliptischen Tonnengewölbe
bedeckt, in welches beiderseitig, den unteren auf kräftigen Pfeilern ruhenden Arkaden
entsprechend, Stichkappen über jedem der vier Lichtgaden-Fenster in die Wölbung ein-
 
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