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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Tauberbischofsheim (Kreis Mosbach) — Freiburg i.Br., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.1372#0064

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KREIS MOSBACH.

scheint aus dem vorigen Jahrhundert zu stammen, mag aber auch älter sein. Jedenfalls
ist dieser Theil niemals überwölbt, sondern stets flach bedeckt gewesen.

Technik und Formen des kleinen Bauwerks verrathen die Blüthezeit des romanischen
Stils. Die Kalksteinquader sind sorgfältig bearbeitet, bei sehr verschiedener Schichten-
höhe. Das etwa in i m Höhe über dem jetzigen Terrain um das Oktogon herumgeführte,
ehemalige Zwischengesims vertritt jetzt die Stelle des tief im Boden steckenden ursprüng-
lichen Sockelgesimses. Eine senkrechte Gliederung des Baues durch Lisenen ist nicht
vorhanden. Die Beleuchtung erfolgt durch fünf Rundbogen- und zwei kreisrunde Fenster
zunächst dem Chor oberhalb des ehemaligen Gurtgesimses. Im Detail besonders reizvoll
erscheint der kleine achteckige Glockenthurm mit seinen schmalen, zweigetheilten
Schallöfihungen und dem reichen Hauptgesims mit Bogenfries. Auf den Kanten merk-
würdige tiefe Einschnitte von energischer Schattenwirkimg. Der ehemalige Chor wurde
einst ebenfalls durch fünf hochliegende kleine Rundbogenfenster beleuchtet. Auffällig ist
das Fehlen jedes dekorativen Schmuckes am Aeussern wie im Innern, wodurch die Datirung
des kleinen, interessanten Bauwerkes wesentlich erschwert wird; selbst das Hauptportal
erscheint völlig schlicht und schmucklos. Immerhin dürfte die oben gegebene Zeit-
bestimmung, Ende des XU. Jhs., in Rücksicht auf Formen und Technik wohl zutreffen.
(Erfreulicherweise ist eine würdige Restauration des Kirchleins seitens der grossh.
Regierung in Aussicht genommen.)

Gemälde An der Wölbung des Chores schimmern unter der Tünche Reste ehemaliger spät-

gothischer (?) Bemalung hervor: über dem einstigen Hochaltar Christus in der Mandorla,
drei Seiten der Zeltdecke einnehmend, auf den übrigen Kappen je eine stehende Evangelisten-
oder Apostelfigur. Die ehemalige Bestimmung dieses Bautheils wird durch die Malereien
vollends erwiesen. Das Tonnengewölbe des Verbindungsraumes geht von einem ein-
fachen romanischen Kämpfergesims aus.

Die innere Ausstattung (Altäre, Kanzel, Gestühl u. s. w.) ist durchaus ärmlich
und kunstlos, ebenso wie die hölzerne Empore.

[Ueber den Zusammenhang dieses Bauwerks mit der stil- und formverwandten
S. Sigismund-Kapelle zu Oberwittighausen s. unten].

Grabstein Bei den Umbauarbeiten des Jahres 1804 kam die Grabplatte eines im Jahre

1346 verstorbenen Berthold von Hohenlohe zum Vorschein, die in damals üblicher
Weise in der Mitte das aus Schild und Helm bestehende Wappen und eine Umschrift in
gothischen Majuskeln zeigte. Jetzt verschwunden. Abzeichnung davon in dem erwähnten
Pfarrbuche zu Grünsfeld, vom damaligen Stadtpfarrer Breitenbach gefertigt.

Derselbe Bertholdus de Hohenloch, früher zu Krensheim gesessen, tritt in mehreren
Urkunden, z. B. in einer Verkaufsurkunde des Jahres 1330 auf. (E.)

Glocken Von den drei Glocken, die in dem zierlichen Thurme aufgehängt sind, ist nur die

kleinste alt, mit der Inschrift: XttÜftZt + Ijermatl + taiit + ijnn + tertfjrim +

50$ + mtdj +

Wir begegnen hier demselben Wertheimer Meister Herman Wust wieder, von
dem die Glocken zu Bettingen und Dertingen (s. Abth. I, S. 3 u. 94) herrühren.
 
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