AMT TAUBERBISCHOFSHEIM. — KRAUTHEIM.
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Chormauern sind abgestuft und besitzen unten eine Stärke von 1,20 m, oben von 0,90 m,
erscheinen also auch hinreichend widerstandsfähig. Der Schub der nördlichen Schiff-
gewölbe dagegen wirkt der Seitenempore wegen nicht direkt auf die (nur 0,90 m starke)
nördliche Umfassungsmauer, sondern wird zunächst vom mittleren tiefen Pfeiler, der
wie ein Strebepfeiler wirkt, aufgenommen. Man war sich also hier der vollen
Bedeutung der Gewölbekraftwirkung bewusst und verstand es, ihr auch
wirksam zu begegnen. Zu beachten ist schliesslich noch, dass die Gewölbe unter
der Empore sich noch, der altern
romanischen Wölbungsweise ent-
sprechend, auf Wandschildbögen
setzen, während die Schiff- und Chor-
gewölbe direkt an die Schildmauer an-
stossen.
Eine Eigenthümlichkeit zeigt der
Schlussstein des Chorbogens.
Da er den Schub sowohl der östlichen
Kreuzrippe, als auch zweier westlichen
Chorrippen aufzunehmen hat (für die
Schiffrippe besitzt er einen eigens an-
gearbeiteten Rippenfuss, welcher durch
eine verstümmelte Figur getragen wird),
versah man ihn mit runden Ausbauch-
ungen, die in die Nachbarsteine ein-
greifen, eine schon bei den Römern
übliche Anordnung (vergl. Grabmäler
an der via Appia). Bemerkenswerth ist
auch die sonst im Mittelalter seltene
Art der scheitrechten Bogen-
bildung am Hauptportal (vergl. Licht-
druck Tafel XI).
In der Profilirung ist ein Fig23^ Krautheim. Burgkapelle, Konsole an der Empore.
Streben nach energischer Schatten-
wirkung nicht zu verkennen; neben wulstigen runden Stäben sind scharfkantige, von
diesen durch tiefe Kehlen getrennt, verwendet, wobei dem Stein und Meisel oft das
Schwierigste zugemuthet wird (vergl. Fig. 20). Dasselbe gilt von Säulenfüssen und
Wirtein. Bei den Vertikalgliederungen der Fenster sind die Profile meist noch dem
Dienste einer Architektur untergeordnet, in welcher das antike Gesetz von Last und Stütze
(Säule mit Kapitell, Fuss und Abacus) nachklingt; doch sind aber auch schon freiere
Bildungen versucht, und man sieht an den hohen Schifffenstern, wie alte und neue Weise
sich fast widerwillig begegnen und wie der ungebundene Profilstab Oberherrschaft zu
gewinnen sucht.
Die Fenster erscheinen in verschiedenen Formen, von welchen die nördlichen
Schlitzfenster der Empore mit breiter Kammer ebenso zur Lichtzuführung als zum Schutze
des Hauptportales bestimmt sein dürften, sowohl für Bogen wie für Armbrust ver-
wendbar. Die Schmalheit aller Fensterlichte, selbst des Doppelfensters der Empore
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Chormauern sind abgestuft und besitzen unten eine Stärke von 1,20 m, oben von 0,90 m,
erscheinen also auch hinreichend widerstandsfähig. Der Schub der nördlichen Schiff-
gewölbe dagegen wirkt der Seitenempore wegen nicht direkt auf die (nur 0,90 m starke)
nördliche Umfassungsmauer, sondern wird zunächst vom mittleren tiefen Pfeiler, der
wie ein Strebepfeiler wirkt, aufgenommen. Man war sich also hier der vollen
Bedeutung der Gewölbekraftwirkung bewusst und verstand es, ihr auch
wirksam zu begegnen. Zu beachten ist schliesslich noch, dass die Gewölbe unter
der Empore sich noch, der altern
romanischen Wölbungsweise ent-
sprechend, auf Wandschildbögen
setzen, während die Schiff- und Chor-
gewölbe direkt an die Schildmauer an-
stossen.
Eine Eigenthümlichkeit zeigt der
Schlussstein des Chorbogens.
Da er den Schub sowohl der östlichen
Kreuzrippe, als auch zweier westlichen
Chorrippen aufzunehmen hat (für die
Schiffrippe besitzt er einen eigens an-
gearbeiteten Rippenfuss, welcher durch
eine verstümmelte Figur getragen wird),
versah man ihn mit runden Ausbauch-
ungen, die in die Nachbarsteine ein-
greifen, eine schon bei den Römern
übliche Anordnung (vergl. Grabmäler
an der via Appia). Bemerkenswerth ist
auch die sonst im Mittelalter seltene
Art der scheitrechten Bogen-
bildung am Hauptportal (vergl. Licht-
druck Tafel XI).
In der Profilirung ist ein Fig23^ Krautheim. Burgkapelle, Konsole an der Empore.
Streben nach energischer Schatten-
wirkung nicht zu verkennen; neben wulstigen runden Stäben sind scharfkantige, von
diesen durch tiefe Kehlen getrennt, verwendet, wobei dem Stein und Meisel oft das
Schwierigste zugemuthet wird (vergl. Fig. 20). Dasselbe gilt von Säulenfüssen und
Wirtein. Bei den Vertikalgliederungen der Fenster sind die Profile meist noch dem
Dienste einer Architektur untergeordnet, in welcher das antike Gesetz von Last und Stütze
(Säule mit Kapitell, Fuss und Abacus) nachklingt; doch sind aber auch schon freiere
Bildungen versucht, und man sieht an den hohen Schifffenstern, wie alte und neue Weise
sich fast widerwillig begegnen und wie der ungebundene Profilstab Oberherrschaft zu
gewinnen sucht.
Die Fenster erscheinen in verschiedenen Formen, von welchen die nördlichen
Schlitzfenster der Empore mit breiter Kammer ebenso zur Lichtzuführung als zum Schutze
des Hauptportales bestimmt sein dürften, sowohl für Bogen wie für Armbrust ver-
wendbar. Die Schmalheit aller Fensterlichte, selbst des Doppelfensters der Empore