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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Tauberbischofsheim (Kreis Mosbach) — Freiburg i.Br., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.1372#0141

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I22 KREIS MOSBACH.

Uebergabe verweigerte, am 14. April die Burg in Brand gesteckt. Die Besatzung
flüchtete in den Thurm, von wo aus sie den Bauern mit ihren Geschützen grossen
Schaden zufügte, rnusste aber am folgenden Tage kapituliren. Die Ritter wurden
nach Mergentheim in den Thurm gebracht, aus welchem man sie nach der Schlacht
von Königshofen am 4. Juni befreite. Die Burg erstand nicht wieder; der würzburgische
Amtmann wohnte von da ab in der Stadt Lauda. —rDas Schloss am Fusse des Berges
wohl alter Besitz der Hohenlohe, dann Eigenthum hohenlohischer Vasallen: der
Dachenrod und der Dienheim. Von letzteren verkauft, um 1730 in der Hand
der von Halbritter, von denen es 1771 Würzburg erwarb. Ausserdem hatten
noch Kloster Bronnbach, das Juliusspital und Gotteshaus Lauda Einkünfte,
während im XVI. Jh. Brigitte von Rossau, Ludwig von Hütten, die von
Dürn, die Rosenberg und Dien heim dort begütert erscheinen. (E.)

Die Kirche (tit. S. Martini) ist ein kunstloser, kleiner Barock-Bau aus dem Jahre 1790.-

Die erste Kirche zu Oberlauda gehört zu den vielen, deren Gründung und Weihe dem
S. Bonifatius zugeschrieben wird. Es befand sich nämlich an ihr ein Stein mit folgender Inschrift in
barbarischen Versen:

Hanc aedem martyr Bonifatius archisacerdos
Nempe dedicauit tempore, quo deguit1)
Rex nobilis Pippinus, confessoris honore

Martini • Ueniam hie, qui petit, aeeipiet.
Quamque restaurauit Humbertus presbyter ecce
Tempore instante quin2) Ludouici regis.
M. CC. XXX.

So in: »Beschreibung der Pfarr-Gotteshauss vndt Schuelengefällen des Ambts Lauda pro Anno
1669«; 43: »Sonsten findt man in einem gehauenen stain, so eingemauert, die nachrichtung, dass
vom stifft Würzburg ante aliquot secula diese Kirch erbaut worden, wie beygesetzte vers an tag
geben.« (Archiv Amorbach.) . Stadtpfarrer Joh. Franz Römelt (1783 bis 1816) in Lauda theilt aus
einer Abschrift in der Pfarrregistratur dieselbe Fassung mit, nur schreibt er »Deo dicauit«, »petiit« und
»Hludouici«. Tgnatius Gropp, Wirtzburgische Chronick II, Bd. 23 (abgedruckt von Rappenegger in:
Schriften der Alterthums- und Geschichtsvereine zu Baden und Donaueschingen II, 1 S. 296) bietet
die Inschrift mit willkürlichen Aenderungen, insbesondere statt quin = quinti, statt des Jahres
MCCXXX — MCCCXXX. Allerdings lässt sich das Jahr 1230 nur dann mit rex Ludouicus in
Uebereinstimmung bringen, wenn man unter letzterem Ludwig IX. von Frankreich (1226 bis 1270)
versteht, wie es auch Pfarrer Römelt thut. Allein es wäre sehr auffallend, wenn in der Inschrift
einer deutschen Kirche eines französischen Königs gedacht würde. Es miisste also statt Ludouici
— Friderici (IL) geschrieben gewesen oder ein C ausgefallen sein, so dass Ludwig der Bayer genannt
wäre. Römelt sah den Stein nicht mehr und bemerkt, er habe sich im Chore der alten Kirche
befunden. Nach Rappenegger wurde er »im Jahre 1790 beim Umbau der jetzigen Kirche gegen
den Willen des damaligen Ortsvorstandes, ja gegen den Willen der ganzen Gemeinde, unter dem
Haupteingange der Kirche, worauf der Thurm ruht, unverletzt auf Befehl des Baumeisters vermauert.
Der Stein aus rothem Sand ist ungefähr 4 Fuss hoch und 2*12 Fuss breit.« Bei Erneuerungsarbeiten
an der Kirche i. J. 1880 Hess Stadtpfarrer Adam Halbig in Lauda eifrig nach dem Steine suchen,
jedoch ohne Erfolg. — Rappenegger bemerkt weiter (a. a. Orte S. 297): »Nach einer noch nicht
(1848) vergessenen Sage soll die Jugend zu Oberlauda, so lange dieser Stein noch am Haupteingange
^vergl. oben Römelt) der .... Kirche angebracht war, von Generation zu Generation aufmerksam
gemacht worden sein, im Falle, dass französische Truppen dahin kämen, möge man, zur Abwendung
von Kriegsgefahren, deren Anführer nur auf die Inschrift dieses Steines hinweisen. Man hoffte, der
Name des berühmten Frankenkönigs werde ihnen Achtung und Schonung einflössen.«

) deguit = mittelalterliche Missform für degit.
) Von anderer Hand »ti» beigefügt — quinti.
 
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