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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Tauberbischofsheim (Kreis Mosbach) — Freiburg i.Br., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.1372#0255

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i2g KREIS MOSBACH.

Ende des vorigen Jahrhunderts verkleistert, dass kaum mehr die Formen der Kapitelle
zu erkennen waren und die ganze Kirche den Eindruck einer grossen Gerlimpelkammer
machte. Die Wände der Nordseite, welche auf etwa 3 m Höhe in dem hinten ange-
schlämmten Boden des alten Friedhofs steckten, waren auf die ganze Länge der Kirche
fast bis zur Höhe der Gewölbanfänger mit dichten grünen Flechten überzogen und derart
durchnässt, dass bis zum heutigen Tage die Spuren hiervon noch nicht gänzlich ver-
schwunden sind. Die Krypta war ebenso bis zur Höhe der Fensterbänke zugeschlammt.

Die aus Tuffsteinen hergestellten Gewölbe befanden sich vor der Restaurirung
zum Theil in sehr schlechtem Zustande, da deren Verputz in Folge der hygroskopischen
Eigenschaften des Materials fast gänzlich zerstört war.

Was die Restaurirung der Kirche anbetrifft, so musste zunächst für eine gründliche
Frei- und Trockenlegung nebst ausgiebiger Entwässerung gesorgt und sodann die Ent-
fernung aller Aufbauten über dem Hauptgesimse, die Wiederherstellung der früheren
Giebel und die Ausführung eines Vierungsthurmes vorgenommen werden, worauf dann der
ganze Innenraum nach Entfernung aller störenden Einbauten in seiner ursprünglichen
Gestalt freizulegen und wiederherzustellen war. Für das frühere Vorhandensein eines
Vierungsthurmes sprachen ausser den vergeblichen Nachforschungen nach etwaigen
Fundamentresten eines besonderen Glockenthurms die Untersuchungen der Vierungs-
pfeiler, deren Fundamente eine ganz ungewöhnliche Tiefe und Stärke aufweisen, sowie
einzelne Reste von Maueransätzen an den betreffenden Stellen im Speicherraume. Einen
weiteren Anhaltspunkt gaben die mancherlei in den Aufbauten vorgefundenen Trümmer,
die nach Ausscheiden der zweifellos zu den Gesimsen, Giebelabschlüssen u. dergl.
passenden Werkstücke ihre frühere Verwendung bei einem Thurmaufbau sehr wahr-
scheinlich erscheinen Hessen.

Die Wiederherstellung der Mittel- und Querschiffsgiebel wurde uns durch uner-
wartete Auffindung ganz wohl erhaltener Bruchstücke der Anfänger- und Gesimssteine
des Bogenfrieses am Westgiebel, sowie durch Ausgrabung einer Reihe verschiedener
Motive der Bogen-Einlagen, welche im Gewölbeschutt steckten, erleichtert und die
Rekonstruktion der ganzen Dachbildung so klar vorgelegt, dass die heutige Gestalt des
Dachaufbaues der Kirche wohl als ganz identisch mit der frühern gelten kann, zumal
auch bei der Detailirung des Vierungsthurmes mancherlei Anhaltspunkte den Fundstücken
entnommen werden konnten. Im Uebrigen ist eine strenge Anlehnung an die
romanischen Bauten von Unterfranken beobachtet worden.

Die Reinigung und Wiederinstandsetzung des Innern, insbesondere der Pfeiler,
Kapitelle und Gewölberippen, überhaupt aller Steinhauerarbeiten war eine äusserst
mühsame und zeitraubende Arbeit, da mehrere Anstriche (darunter auch Oelfarbe) über-
einander sassen und mit dem porösen Steinmaterial geradezu verwachsen waren, so dass
sich eine vollständige Ueberarbeitung durch den Steinmetzen und Aufschlagen der Flächen
mittelst des Stockhammers als nöthig erwies.

Es wurde bei der ganzen Restaurirung ausser der zur Orgelaufstellung unerlässlichen
Empore im Westen des Langhauses nichts hinzugethan; man hielt sich streng an den
Grundsatz: Vorhandenes freizulegen resp. zu ergänzen und Fehlendes zu rekonstruiren.
Auch bezüglich der Malerei, die in Folge der noch aus früherer Zeit stammenden
Feuchtigkeit mittlerweile sehr gelitten hat und in nächster Zeit in haltbarerer Weise er-
neuert werden soll, beschränkte man sich desshalb auf die allereinfachste Flächendekoration,
 
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