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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Tauberbischofsheim (Kreis Mosbach) — Freiburg i.Br., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.1372#0257

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2,Q KREIS MOSBACH.

um die Architekturtheile in ihrer würdigen Einfachheit besser zur Geltung kommen zu
lassen. Die Restaurirungsarbeiten wurden i. J. 1877 begonnen und 1878 vollendet.«

Aus vorstehendem Bericht geht hervor, dass alleBautheile, die oberhalb
des Hauptgesimses liegen (Giebel, Dach und Vierungsthurm), als vollständig
erneuert, alle unterhalb desselben liegenden (insbesondere also auch die
Gewölbe) als alt und nur stellenweise restaurirt zu betrachten sind.

Zu den oben aufgeführten Anhaltspunkten für das ehemalige Vorhandensein eines
Glockenthurms über der Vierung liefern die Bauakten des Generallandesarchivs, die,
wie erwähnt, erst mit dem Jahre 1663 beginnen, leider keine Belege; sie erlauben aber
den Schluss, dass der Glockenthurm über der Vierung bereits längere Zeit vor
dem grossen Kriege zerstört oder wenigstens ausser Benutzung gesetzt sein wird.
An seiner Stelle war nämlich über dem südlichen Gewölbe des Querschiffes ein Glocken-
stuhl errichtet, wie aus folgendem Eintrag in den Bauakten hervorgeht: 1664. Mai 16.
Der Glockenstuhl, darauf zwei schwere Glocken hangen und dessen Schwellen,
Stock und Beug (?) und andere Zugebäu, dieweil alles undenklich alt,
theils verfault und ganz ledig worden, so schadhaft, dass mit grosser Gefahr
der Glocken, item des Gewölbes, darauf die Glocken stehen, und der Menschen
in der Kirche, auch des Glöckners zu läuten. Der Zusatz: dieweilen alles undenklich
alt, legt die Annahme nahe, dass die Zerstörung der Kirche, der der ganze obere
Theil mit dem Vierungsthurm zum Opfer gefallen ist, etwa im Bauernkriege (oder
schon vorher bei den beiden Belagerungen von Boxberg i. J. 1470 und 1523), jeden-
falls lange vor dem dreissigjährigen Kriege erfolgt sein muss. Eine zweite Stelle ist noch
deutlicher: 1784 Mai 9. und July p. Nach Untersuchung durch Sachverständige
droht der Theil des Gewölbes, über welchem sich seit unvordenklichen
Zeiten der Glockenstuhl und unter dem sich eine Emporkirche befinden, und
das Hauptgemäuer, auf dem das Gewölbe ruht, den Einsturz. Die erwähnte
»Emporkirche« befand sich, wie aus einer andern Stelle hervorgeht, in dem südlichen
Theile des Querschiffes; weitere Nachrichten aus dem Jahre 1794 und 1800 bestätigen
dies und beweisen damit, dass es sich um den Glockenstuhl handelt, der bei Beginn der
Restauration i. J. 1877 sich noch an derselben Stelle vorfand (s. oben S. 227). Zu seiner
Unterbringung waren die Mauern des südlichen Kreuzflügels („das Hauptgemäuer")
weiter hochgeführt und ein mächtiges Dach mit Schalllöchern darüber aufgeschlagen.

Im Uebrigen ist aus den erwähnten Bauakten wenig Aufschluss über das frühere
Aussehen des Gotteshauses zu gewinnen. In der Hauptsache handelt es sich um die
notwendigsten Reparaturen, die mit der grössten Sparsamkeit ausgeführt worden sind.
Wie barbarisch man dabei verfuhr, zeigen beispielsweise folgende Auszüge, die wir,
ebenso wie die vorigen, Herrn Professor Ehrensberger verdanken:

1663 März 10. Die Kirche hat in Allem 21 Fenster, davon fünf 6' hoch,
16 Fenster aber 10' hoch und 3' breit, dazu zwei grosse Rosen, eine 10' rund
und im Chore. Die Rosen und 3 Fenster sind ganz ohne Glas, die übrigen
im Glase sehr beschädigt, alles durch den leidigen Krieg in Abgang gekommen.
Schnee und Regen fallen auf die Kanzel (durch die seitlichen Oberlichtfenster).
Ueberschlag 44 fl.

1663 April 23. Da obige Ausgabe ztt viel, wird vorgeschlagen, von den
11 grösseren Fenstern 2, von den kleineren 4 zuzumauern.
 
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