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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Rosenhagen, Hans: Jacob Alberts
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0141

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-^3S> JACOB ALBERTS

was die wenigsten thun, das Nächstliegende.
Er ist der Maler seiner Heimat geworden.
Die ist freilich eigenartig genug.
Das Wattenmeer — man fährt auf der
Reise nach Sylt vorüber — ist ziemlich
flach. Es umschliesst eine ganze Reihe von
kleinen Inseln, die während der Flut wie
winzige Pünktchen im Wasser liegen, wäh-
rend der Ebbe aber mit dem Festlande ver-
bunden erscheinen. Das sind die „Halligen".
Die grösste von ihnen hat etwa eine halbe
Quadratmeile Umfang, die meisten aber sind
nur ein paar hundert Quadratmeter gross
und immer in Gefahr, von der gefrässigen
See verschlungen zu werden. Es ist wahr-
scheinlich, dass sie einst Teile des Fest-
landes waren. Jetzt stellen sie freiliegende,
von grüngrauem Graswuchs überzogene Er-
höhungen des Meerbodens vor, in deren
Mitte sich auf kleinen künstlichen Hügeln,
„Werfte" genannt, niedrige Häuser erheben.
Auf diesen „Halligen" hat sich ein eigen-
artiges Stück Kultur aus vergangenen Zeiten
erhalten, das von den Bewohnern sorgsam
gehütet wird. Der Ursprung dieser Kultur
weist unverkennbar auf Holland und das
siebzehnte Jahrhundert hin.

Wie an der ganzen Nordseeküste, herrscht
auch in der Ausstattung der Hallighäuser der
Kajütencharakter vor. In besonders wohler-
haltenen finden sich mit kostbaren Delfter
Fliesen belegte Wände, zierliche mit Reliefs ge-
schmückte eiserne Oefen, Wandbetten mit alter-
tümlichen Vorhängen, viel blankes Messing-
gerät, schöne Stühle und Schränke. Häufig ist
alles Holzwerk bemalt, meist grün, so dass
solch ein Raum schon durch seine fröhliche
Farbigkeit wirkt. Diese seltsame Welt gab die
Motive zu den meisten Bildern von Alberts.
Mit unendlicher Geduld hat er die Schätze
der ältesten und reichsten Hallighäuser
registriert, für die künstlerische Wirkung
seiner Bilder vielleicht manchmal zu sorg-
sam ; aber seine intime Art passt im Grunde
vorzüglich zu diesen engen Räumen, wo alles
so beschaffen ist, dass der Besucher es in
der Nähe und mit Müsse betrachten muss.
Und auch die Menschen hat Alberts ge-
schildert, die mit heisser Liebe an dieser
unfruchtbaren und ewig bedrohten Heimat
hängen und die sich, nachdem sie draussen
genügend erworben, nichts Schöneres wissen,
als auf den einsamen Inselchen, fern vom
Getriebe der Welt, umgeben von der Urväter


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