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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Von Ausstellungen und Sammlungen – Vermischte Nachrichten - Kunstlitteratur
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KUNSTLITTERATUR -CSö^


RUDOLF SCHIESTL fec.

Zeichnung als Folgen des physischen Kräfteverfalls
sich bemerkbar machen, die zu leugnen auch der
Biograph zu ehrlich und zu pietätvoll ist. Denn
echter Pietät und aufrichtigem Verstehenwollen ist
mit kritikloser, alles gleichmässig gutheissender
Bewunderung nicht gedient. Der ästhetische Sinn
darf und muss sich vor allem ans einzelne Kunst-
werk wenden und halten, es auf sich wirken lassen,
soweit es sich eben als in sich fest begründetes,
lückenlos geschlossenes Gebilde bewährt. Daneben
hat aber auch der historische und rein menschliche
Sinn sein Recht, der das einzelne Kunstwerk als
Glied in der Kette eines langen Schaffens, als
Aeusserung und Offenbarung einer Persönlichkeit,
als Manifest einer bestimmten Periode in der Ent-
wicklung dieser Persönlichkeit betrachtet und ver-
stehen lernt. So angesehen bleiben auch Böcklins
schwächere Werke beachtenswert und aufschluss-
reich, und keines von ihnen bedeutet einen Makel
im Charakterbilde dieses Künstlers, der eben als
Künstler ein Charakter war, wie wenige, der in der
unbestechlichen Treue gegen sich selbst als ein
heroisches und rührendes Vorbild allen künftigen
Generationen der Schaffenden voranleuchtet. —
Solche Betrachtungen, so oft nach dem Hinscheiden
Böcklins laut geworden, drängen sich uns aufs neue
beim Studium der Biographie und der ihren Text
schmückenden Bilder auf. Um noch ein Wort von
den dreissig Tafeln des Bandes zu sagen, sei er-
wähnt, dass das Selbstporträt mit dem Weinglas als
freundlich begrüssendes Titelbild die Reihe eröffnet
(den äusseren Einband schmückt die feierliche Ge-
stalt der >Musa Semne<). Die andern Tafeln sind
in chronologischer Folge gegeben: als erste »Pan
im Schilfa, das Meisterwerk des Jahres 1857, als
letzte die 'Melancholie« von 1900. Dazwischen
Heiteres, ja kindlich Frohes, wie >Faun und Amsel
(von 1865), »Maipfeifen« (1865), »Kinderreigen
(1898), Ernstes und Schwermütiges, wie die gross-
empfundene 'Melancholie* (von 1872), die 'Insel
derToten< (von 1883), mächtig Heroisches, Schauer-
liches und religiös Erhabenes, wie 'Der Ueberfall

(1866), der grosse ; Krieg' (1897), die unvollendete
>Pest< und der Entwurf zu dem Breslauer Treppen-
gemälde: »Fertur lux in tenebras< (1881). Den Por-
trätisten Böcklin zeigen, neben einigen Textillustra-
tionen, das Doppelporträt Lenbach-Begas (1861) und
das köstliche Bildchen des mit seiner Frau lust-
wandelnden Künstlers (1863) von seiner besten Seite.
Diese wenigen Andeutungen mögen genügen, um die
grosse Böcklingemeinde auf all das hinzuweisen,
was ihnen der letzte Band des Böcklin-Werkes bietet.
Ueber »Ex libris (Buch-Eignerzeichen)< hat unter
eben diesem Titel Walter von Zur Westen in
der von Hanns von Zobeltitz herausgegebenen »Samm-
lung von Monographien« ein stattliches Buch ver-
öffentlicht (Bielefeld, Velhagen und Klasing, Pr. 4 M.),
das, speziell künstlerische und Liebhaber-Interessen
berücksichtigend, aufs beste dazu beitragen kann,
die Freude an diesem neuaufgeblühten Zweige der
Kleinkunst, vor allem aber auch dessen werkthätige
Förderung immer mehr noch zu vertiefen. Ein un-
gemein reiches Anschauungs-Material von insgesamt
170 Illustrationen unterstützt, dank der in dessen
Auswahl sich bekundenden Absicht des Verfassers,
durch charakteristische Proben eine Uebersicht über
die jüngste Entwicklungsphase sowohl der deutschen
Ex libris-Kunst, als auch der des Auslandes zu geben,
die textlichen Ausführungen in ganz vorzüglicher
Weise. Diese selbst sind in ihrer, in jeder Bezieh-
ung sehr hübsch orientierenden Form und durch
die mancherlei praktischen Ratschläge, die sie für
die Schaffung eines eigenen Ex libris geben, aufs
schönste geeignet, weiteste Kreise dafür zu inter-
essieren. Das am Schluss des Buches gebrachte
Verzeichnis der Ex libris-Zeichner und -Stecher um
einen neuen Namen zu vermehren, giebt sich uns
Gelegenheit durch die hier erfolgende Veröffent-
lichung zweier Schöpfungen Rudolf Schiestls.
Das gute Gelingen, das sich in deren Gestaltung
auch für das Erfordernis bekundet, die Darstellung
des Eignerzeichners gegenständlich zu der Person
seines Besitzers in Beziehung zu bringen, lässt
wünschen, dass der junge Künstler sich des öfteren
auch auf diesem Gebiete bethätigen möge.

-


fc»-S*.Ht«ti_noi-

RUD. SCHIESTL fec.

Redaktionsschluss: 16. November 1901. Ausgabe: 28. November 1901.
Herausgeber: Friedrich Pecht. — Verantwortlicher Redakteur: Fritz Schwartz.
Verlagsanstalt F. Bruckmann a.-g. in München, Nymphenburgerstr. 8fi. — Druck von Alphons Bruckmann, München.
 
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